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Umweltschützer in Texas «Alles, was wir können, ist Leute retten und Leichen einsammeln»

Die Flutkatastrophe in den USA trifft einen Bundesstaat, der wenig Affinität hat für Ökologie und Nachhaltigkeit. Der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, und mit ihm eine Mehrheit der Parlamentarier glauben nicht an den menschgemachten Klimawandel. Entsprechend rudimentär ist der Umweltschutz.

Jim Marston ist ein Veteran des Umweltschutzes in Texas. Seit 1988 kämpft er für die Ökologie in den USA, heute leitet er in Austin die Geschäftsstelle des Enivronmental Defense Fund, eine grosse nationale Umweltorganisation. Die Flutkatastrophe dieser Woche hat er mit dem Gefühl verfolgt: So wäre das nicht nötig gewesen.

Porträtaufnahme von Jim Marston.
Legende: Jim Marston kämpft seit Jahrzehnten für den Umweltschutz in Texas. Environmental Defense Fund

Houston sei in letzter Zeit wiederholt überflutet worden, zuletzt vor zwei Jahren. Und nun spreche man von einer Jahrhundertflut. «Entweder man macht sich darüber lustig, was ein Jahrhundertereignis ist, oder man foutiert sich darum, vorzusorgen», sagt Jim Marston.

Er macht die Mentalität der Texaner mitverantwortlich für das Ausmass der Katastrophe. In Texas herrsche die Philosophie: Jeder kann mit seinem Land machen, was er will. Und so seien Sumpflandschaften – natürliche Sickergebiete – gedankenlos zugepflastert worden.

Die Polit-Elite glaube nicht an den Klimawandel, so Marston. Und so habe man in Texas in den letzten acht Jahren den Zug verpasst, als die Obama-Regierung die Krisenbewältigung gross geschrieben und Massnahmen finanziert habe. Texas habe bewusst diese Innovationschancen ignoriert. Anders als Kalifornien, Maryland oder Minnesota, sagt Marston.

Diese Staaten hätten sich gesagt, «wenn wir schon das Klima beschädigt haben, lasst uns neue Infrastrukturen bauen, die mit einem höheren Meeresspiegel rechnen, mit schlimmeren Stürmen und Dürrezeiten».

Im Weissen Haus sagt man: ‹Ignoriert die Fakten, benimmt euch wie 1955, baut Brücken, Strassen, Gebäude – wie damals›.
Autor: Jim Marston Umweltschützer

Nun ist der Klimawandel-Skeptiker Präsident Donald Trump im Weissen Haus eingezogen und setzt andere Prioritäten. Er will Grenzschutz statt Umweltschutz. Sein Budgetvorschlag kürzt bei der Umwelbehörde EPA 30 Prozent – auch bei der Katastrophenhilfe wollte er sparen, vor Hurrikan «Harvey». Ein eigentümliches Signal, meint Umweltschützer Jim Marston.

«Sie sagen im Weissen Haus: Ignoriert die Fakten, benimmt euch wie 1955, baut Brücken, Strassen, Gebäude – wie damals. Traurigerweise, wird das heissen: Mehr Leute verlieren ihr Zuhause, mehr Nothelfer werden ihr Leben riskieren. Und weil man leider nicht alle Leben retten kann, heisst es letztlich: Mehr Menschen werden sterben.»

Bitterkeit schwingt mit, als dieser Veteran des Umweltschutzes in Texas, der sei dreissig Jahren auf widrigem Territorium kämpft, sagt: «Alles was wir können, ist Leute retten und Leichen einsammeln».

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