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Harsche Kritik an geplanter Saudiarabien-Reise von Biden
Aus Echo der Zeit vom 06.06.2022. Bild: Keystone
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Unangenehme Auslandsreise Ein Kniefall am saudischen Hof

Es wird für US-Präsident Joe Biden die bisher schwierigste und persönlich unangenehmste Auslandsreise werden – der geplante Besuch beim saudischen Kronprinzen Mohammed bin-Salman noch im Juni. Biden hielt bisher Maximaldistanz zu den Saudis, da die Regimespitze 2018 den Journalisten Jamal Khashoggi ermorden liess. Nun zwingen der Ukraine-Krieg und die steigenden Ölpreise Biden zur Kehrtwende. Sie wird scharf kritisiert.

US-Präsident Joe Bidens Haltung im Wahlkampf war glasklar: Die Saudis müssen einen Preis zahlen für die Ermordung des kritischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul. «Zum Paria-Staat, der es tatsächlich ist, soll das Land werden», betonte er damals. Im Weissen Haus angekommen, folgten den Worten Taten: Biden liess den US-Geheimdienstbericht publizieren, der – neben einer UNO-Untersuchung – die saudische Regimespitze als Drahtzieherin des Mordes identifizierte.

Wiederannäherung signalisiert

Wegen des Jemen-Krieges stoppte er die Lieferung schwerer Waffen an Saudi-Arabien und liess die rebellischen Houthis von der Terrorliste streichen. Er versuchte, das Atomabkommen mit dem Iran wiederzubeleben, also mit dem Erzfeind der Saudis. Und, anders als Amtsvorgänger Donald Trump, der die Saudis umschmeichelte, ging er auch persönlich auf Distanz: kein Besuch in Riad, keine Einladung an den starken Mann des Regimes, an Kronprinz Mohammed bin-Salman nach Washington, nicht mal ein Telefongespräch.   

Es war das Ende einer achtzigjährigen Freundschaft zwischen den USA und Saudi-Arabien. Das vorläufige Ende. Denn nun kommt Bidens Kehrtwende. Höchst unfreiwillig. Er will bald nach Riad reisen und signalisiert über seinen Aussenminister und seine Berater eine Wiederannäherung. Auf einmal brauchen die USA die Saudis.

Gekränkter De-Facto-Herrscher

Sie sollen den Ölhahn weit öffnen, um so die wegen des Ukraine-Kriegs und der Boykotte gegen russisches Öl gestiegenen Preise zu stabilisieren. Zwar beziehen die Amerikaner selber kein saudisches Öl. Doch die Benzin- und Heizölpreissteigerungen treffen auch sie. Das schafft Unmut gegen die Regierung Biden und gegen die Demokraten. Und das ist heikel vor den Zwischenwahlen im November. 

Also muss Biden in Riad einen Kniefall machen. Ohne sicher zu sein, dass die Saudis ihre Ölförderung wirklich kräftig erhöhen können und wollen, da sie vom hohen Preis enorm profitieren. Ausserdem ist der De-Facto-Herrscher bin-Salman gekränkt, weil ihm die USA nun eineinhalb Jahre lang die kalte Schulter zeigten. 

Auch die USA müssen Kompromisse eingehen

Bidens Reiseplan wird von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert. Damit werde Machthaber bin-Salman praktisch rehabilitiert. Selbst aus den eigenen Reihen ertönt die Kritik von Tag zu Tag lauter. Der einflussreiche demokratische Abgeordnete Adam Schiff, Vorsitzender des Geheimdienstausschusses, will den Präsidenten gar vom Riad-Besuch abbringen. Die grundsätzlich Biden-freundliche «New York Times» schreibt von einem Triumph der Interessenpolitik über Prinzipien. 

Bidens Kehrtwende zeigt vor allem: Auch die USA müssen Kompromisse eingehen. Wollen sie gegenüber Russland hart auftreten, müssen sie anderswo einlenken. Davon profitiert nun ausgerechnet ein Potentat wie der saudische Herrscher.

Fredy Gsteiger

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Echo der Zeit, 06.06.22, 18:00 Uhr

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