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UNO-Bericht zur Rohingya «Die Ermittler sehen Anzeichen von Völkermord»

In Burma gibt es Anzeichen für einen Völkermord an der muslimischen Minderheit der Rohingya. Dies steht in einem Bericht von unabhängigen Ermittlern im Aufrtag des UNO-Menschenrechtsrats. Es geht um Morde, Folter, Gewalt gegen Kinder, Massenvergewaltigungen und Versklavung, wie Korrespondentin Karin Wenger berichtet.

Karin Wenger

Südostasien-Korrespondentin, SRF

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Karin Wenger ist seit Frühling 2016 Südostasien-Korrespondentin von SRF in Bangkok. Sie berichtet über Indonesien, Malaysia, Philippinen, Thailand, Burma, Vietnam und weitere südostasiatische Länder. Wenger lebte zuvor sechs Jahre lang in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Früher berichtete sie als freie Journalistin aus dem Nahen Osten.

SRF News: Burma rechtfertigte sich immer mit Terrorbekämpfung und Angriffen von Rohingya-Rebellen. Was sagt der UNO-Bericht?

Karin Wenger: Laut Bericht der UNO hat die burmesische Armee bei ihrer Reaktion unverhältnismässige Gewalt ausgeübt. Ebenso sei die muslimische Minderheit der Rohingya seit Jahrzehnten diskriminiert worden. Das Hauptproblem dabei ist, dass sie bis heute nicht als Staatsbürger anerkannt werden.

Sie wurden zudem nach Gewaltwellen in Lager eingesperrt. Der Bericht spricht zugleich von einer geplanten Vertreibung. Selbst der Chef der burmesischen Armee hatte bereits früher von einer «Säuberungsaktion» gesprochen. Das «bengalische Problem» müsse für immer gelöst werden.

Gibt die Armee also zu, dass eine systematische Vertreibung geplant war?

Das kann so interpretiert werden. Die von der UNO-Kommission zusammengetragenen Beweise gehen jedoch sehr viel weiter. Die Kommission spricht von ganz klaren Anzeichen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und von Kriegsverbrechen und dass die Armee die «Absicht von Völkermord» gehabt habe.

Können die Rohingya unter diesen Umständen je zurück nach Burma?

Das bezweifle ich sehr. Das Ziel der Generäle war, die Rohingya für immer aus dem Land zu vertreiben. Zwar gibt es jetzt ein Abkommen zwischen Burma und Bangladesch, um Rohingya zurückzuführen. Dieses ist aber meines Erachtens nicht das Papier wert, auf dem es geschrieben worden ist.

Viel wahrscheinlicher ist es, dass die Flüchtlinge auf viele Jahre in diesen Lagern im mausarmen Bangladesch bleiben.

Viel wahrscheinlicher ist es, dass die Flüchtlinge auf viele Jahre in diesen Lagern im mausarmen Bangladesch bleiben. Eine andere Möglichkeit wäre, sie in andere Länder umzusiedeln. Doch man kann sich vorstellen, welchen Widerstand eine solche Lösung im Westen auslösen würde.

Können die Vereinten Nationen oder allgemein die internationale Gemeinschaft jetzt Einfluss nehmen?

Das Problem ist, dass die UNO blockiert ist. China als alter Alliierter von Burma hat immer betont, man werde sofort ein Veto einlegen, falls der UNO-Sicherheitsrat beispielsweise Sanktionen beschliessen würde.

Die westlichen Länder ihrerseits erscheinen in vielem orientierungslos. Sie hofften jahrzehntelang auf eine demokratische Öffnung in Burma. Doch der UNO-Bericht sagt ganz deutlich, dass die stille Diplomatie nichts gefruchtet habe. Der Bericht spricht von Völkermord.

Wie wahrscheinlich ist es, dass es zu einem Völkermord-Tribunal kommt, wie das jetzt vorgeschlagen wird?

Die Kommission fordert, dass die Täterschaft zur Rechenschaft gezogen wird – durch eine Klage gegen Burma vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag oder durch die Einrichtung eines Sondertribunals. Aber beides stösst natürlich bei Burma auf heftigen Widerstand.

Das Gespräch führte Nicoletta Cimmino.

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