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Unrealistisch hohe Erwartungen an Sonderbotschafterin für Burma
Aus Echo der Zeit vom 28.05.2018. Bild: Keystone
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UNO-Gesandte für Burma «Alle sagen mir, dass die Aufgabe unlösbar ist»

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hat Christine Schraner Burgener mit einer der schwierigsten Aufgaben betraut, die er zurzeit zu vergeben hat: Die 54-Jährige soll als UNO-Sonderbeauftragte nicht nur eine Lösung finden für die Rohingya-Flüchtlingskrise in Burma, sondern gleich auch einen Friedensprozess in dem Konfliktland in die Wege leiten. Gegenüber SRF äussert sie sich jetzt erstmals öffentlich zu ihrer neuen Rolle.

Christine Schraner Burgener

Christine Schraner Burgener

Vorsteherin des Staatssekretariates für Migration

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Christine Schraner Burgener ist seit Anfang 2022 Vorsteherin des Staatssekretariats für Migration (SEM). Zuvor war die Diplomatin Schweizer Botschafterin in Thailand (2009-2015) und – als erste Frau auf diesem Posten – Botschafterin in Deutschland (2015-2018). Von 2018 bis 2021 amtete sie als UNO-Sondergesandte für Myanmar.

SRF: Man hört, dass der UNO-Generalsekretär viele Monate nach einer UNO-Sonderbeauftragten für Burma gesucht hat. Waren Sie überrascht, als seine Wahl auf Sie fiel?

Christine Schraner Burgener: Ja, eigentlich schon. Ich habe mich zwar offiziell dafür beworben, habe dann aber nie etwas gehört. Deshalb war ich dann sehr überrascht, als mir dieser Entscheid mitgeteilt wurde.

Die Herausforderung ist gross – halten Sie Ihre Aufgabe für lösbar?

Alle sagen mir, dass die Aufgabe unlösbar ist. Ich denke, dass es sehr schwierig werden wird – die Lage ist sehr verzwickt. Aber ich gehe mit voller Energie an die Herausforderung und versuche, etwas zur Lösung des Konflikts beizutragen.

Sie waren vor wenigen Tagen zum «Eintrittsgespräch» bei Generalsekretär Guterres: Was erwartet er von Ihnen?

Das Mandat ist sehr umfassend. Die erste Priorität ist die Rückkehr der Flüchtlinge aus Bangladesch. Aber es geht auch um Fragen bei den Rechten für Minderheiten und um den Friedensprozess allgemein, weiter geht es um den Demokratisierungsprozess in Burma oder etwa die Unterstützung des Landes bei den Wahlen im Jahr 2020.

Wie wollen Sie Ihre neue Aufgabe anpacken?

In erster Linie werde ich allen zuhören, nicht nur in Burma, sondern auch in den benachbarten Ländern. Ich war jetzt eine Woche in New York und hatte rund 42 Meetings. Ich habe mir die meisten UNO-Stellen, die damit betraut sind, angehört. Sicherheitsratsmitglieder und ich werde bald nach Burma reisen und dort alle anhören. Es gilt für mich, das Vertrauen zu gewinnen und dann muss ich mit konkreten Lösungsansätzen kommen. Aber das braucht Geduld.

Meine Taktik wird es sein, alle anzuhören und mich mit öffentlichen Äusserungen zurückzuhalten.

Wie haben die burmesischen Autoritäten auf Ihre Ernennung reagiert?

Die Reaktionen waren zum Glück positiv. Man kennt mich in der Region eher als bei der UNO, obwohl ich dort früher auch oft war. Ich wurde mit schwierigen Mandaten bekannt, wie zum Beispiel bei der Lösung der Streubomben-Konferenz. Diese war zwar keine UNO-Konferenz, aber wohl eine internationale.

In der Region kennt man mich bereits, weil ich in Thailand im Versöhnungsprozess während fast fünf Jahren dabei war und diesen Prozess begleitete. Und Aung San Suu Kyi kennt mich persönlich, daher war die Reaktion positiv – man hat mich als Person akzeptiert.

Werden Sie freien Zugang ins Land und im Land bekommen?

Ich habe im New York mit dem burmesischen Botschafter gesprochen und man hat mir einen Besuch in Aussicht gestellt.

Die Lage in Burma scheint vertrackt. Wie beurteilen Sie die Konfliktlage?

Sie ist wirklich sehr schwierig, weil natürlich nebst der Regierung auch die Armee eine sehr starke Rolle spielt. In erster Linie geht es jetzt aber um das Problem der Flüchtlinge. Damit die zurückgehen können, muss die Lage in Whaikhyang sicher genug sei. Da muss noch einiges getan werden. Auch der Zugang der UNO zu Whaikhyang muss gesichert werden. Danach gibt es sehr viele weitere Themen, die in Burma anzugehen sind.

Wo sehen Sie allenfalls Chancen, Brücken zu bauen und die verfeindeten Lager einander näherzubringen?

Meine Taktik wird es sein, alle anzuhören und mich mit öffentlichen Äusserungen zurückzuhalten. So kann ich Vertrauen bilden. Aus Erfahrung weiss ich: Das braucht sehr viel Geduld Ich weiss aber, dass man bei der Flüchtlingsfrage kaum Zeit hat – also kaum Geduld zeigen kann, weil natürlich der Monsun im Anmarsch ist und das für die Flüchtlinge eine noch weitere Belastung ist.

Die vorherrschende Ansicht ist, dass hauptsächlich die burmesische Regierung Schuld trägt an der Krise – teilen Sie diese Ansicht?

Dazu möchte ich mich nicht äussern, weil ich offen zu den Konfliktpartnern gehen will, damit ich eben das Gespräch beginnen und das Vertrauen gewinnen kann.

UNO-Generalsekretär Guterres meinte vorigen Herbst, die Geschehnisse in Burma könne man kaum anders denn als Genozid bezeichnen. Von Ihnen wird man also solche deutlichen Worte nicht hören?

Das kann schon sein, dass man das mal hört. Im Moment will ich mich – trotz des Ausmasses der Lage – nicht zu einer Qualifikation äussern. Ich muss jetzt Vertrauen bilden und den Zugang zu Burma aufrecht erhalten. Ohne Gespräch kann ich keine Fortschritte erzielen. Daher stehen für mich die Vertrauensbildung und der Dialog an erster Stelle.

Ich kann nicht behaupten, dass ich etwas oder viel erreichen werde.

Ähnlich wie in Syrien blieb der UNO-Sicherheitsrat bisher weitgehend untätig in der Burma-Krise. Schwächt das nicht von vornherein Ihre Position als Sonderbeauftragte?

Ich war darum jetzt auch eine ganze Woche in New York und ich habe sehr viele Gespräche geführt. Ich glaube, es war für die Skeptiker sehr wichtig, mich kennenzulernen. Ich habe wirklich auch sehr lange Gespräche mit dem Sicherheitsrat geführt und alle haben jetzt eigentlich ihre Unterstützung zugesagt. Das ist schon einmal ein wichtiger und guter Schritt für meine Arbeit und daher werde ich jetzt auch am Montag weiter nach Genf gehen und dort weitere Gespräche führen.

Sie rechnen sich also gewisse Chance aus, dass es Ihnen gelingen könnte, die aktuelle Blockade zu überwinden?

Das ist sehr schwierige zu sagen. Es ist wirklich sehr vertrackt und die Erwartungen sind zum Teil sehr verschieden – das habe ich in den Gesprächen in New York gemerkt. Ich kann nicht behaupten, dass ich etwas oder viel erreichen werde. Ich werde im Hintergrund intensiv arbeiten. Ich habe erst vor zehn Tagen begonnen, aber mein Programm ist schon jetzt sehr beladen und ich werde alles versuchen, um den Prozess vorwärts zu bringen.

Das Gespräch führte Fredy Gsteiger.

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