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UNO-Klimakonferenz Lateinamerika: Öl- und Gasförderung geht weiter

Eine Studie zeigt, dass im südlichen Teil des amerikanischen Kontinents Öl und Gas noch immer gesucht wird. Das Geld dafür stammt auch aus der Schweiz.

Die UNO-Klimakonferenz findet dieses Jahr in Brasilien statt. Das südamerikanische Land inszeniert sich gerne als ambitionierter Vorreiter im Klimaschutz. In scharfem Kontrast dazu kommt eine neue Studie nun zum Schluss, dass in Brasilien wie in ganz Lateinamerika nach wie vor nach Öl und Gas gesucht und neue Infrastruktur zur Förderung dieser klimaschädlichen Brennstoffe gebaut wird. Das Geld dafür stammt zu grossen Teilen aus anderen Erdteilen, auch aus der Schweiz.

Ihre Strategie ist tatsächlich eine Öl-auf-ewig-Strategie.
Autor: Heffa Schücking Geschäftsführerin der deutschen Umweltorganisation urgewald

Eine Fläche – rund zweiundzwanzigmal so gross wie die Schweiz – sei seit 2015, seit dem das Pariser Klimaabkommen abgeschlossen wurde, in Lateinamerika für die Förderung von Öl und Gas freigegeben worden, sagt Heffa Schücking, die Geschäftsführerin der deutschen Umweltorganisation urgewald. Es sei nun einmal so, dass wenn Öl und Gas gefunden werde, das in der Regel auch ausgebeutet werde, so Schücking. «Und wenn Sie sich jetzt vorstellen, dass man heute noch nach neuen Öl- und Gasreserven sucht, die wir ja eigentlich definitiv nicht mehr verbrennen dürfen, dann ist das ein echtes Problem.»

28 Milliarden US-Dollar für Suche nach Öl und Gas

Urgewald hat mit Partnern aus Brasilien und anderen lateinamerikanischen Ländern die Geschäftsberichte von über 1000 Öl- und Gasfirmen durchforstet und mit unabhängigen Datenbanken verglichen. Das Resultat: Allein in den letzten drei Jahren gaben Unternehmen über 28 Milliarden US-Dollar für die Suche nach neuen Öl- und Gasvorkommen in der Region aus.

Ölplattform im Meer mit Schiff in der Nähe.
Legende: Eine Ölplattform des brasilianischen Unternehmens Petrobras Keystone/Andre Borges

Im Gastland der diesjährigen Klimakonferenz, in Brasilien, spielt der vom Staat kontrollierte Konzern Petrobras dabei eine führende Rolle. Man nütze die Mittel aus der Gewinnung von fossilen Brennstoffen für eine inklusive und sichere Energiewende, heisst es dort. Davon sehe man in den Zahlen allerdings nichts, betont Heffa Schücking. Es würden zwar viele Öl- und Gasfirmen von der «Energy Transition» sprechen, aber es gebe überhaupt keine Bewegung dorthin. Petrobras sei ein gutes Beispiel dafür. «Die haben 98 Prozent fossile ‹Share of Revenue› und kümmern sich überhaupt nicht um irgendeine Diversifizierung. Ihre Strategie ist tatsächlich eine Öl-auf-ewig-Strategie», so Schücking.

UBS finanziert Öl- und Gasausbau mit

Finanziert werde der Ausbau von Öl und Gas in Lateinamerika von fast 300 Banken aus der ganzen Welt. An der Spitze der Rangliste finden sich die spanische Santander, gefolgt von den US-Banken JPMorgan Chase und Citigroup. Auf Rang 27 dieser Kreditgeber liegt die Schweizer Grossbank UBS. Auf der Liste der Investoren, also derjenigen Finanzmarkt-Akteure, die Aktien oder Anleihen von lateinamerikanischen Öl- und Gaskonzernen halten, liegt die UBS gar auf Rang 14.

Bei UBS sind wir uns der Bedeutung eines geordneten Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft bewusst.
Autor: UBS

Wie geht das zusammen mit den ambitionierten Klimazielen, die sich die UBS selbst gegeben hat? Die Bank antwortet nur indirekt auf eine entsprechende Anfrage von Radio SRF: «Bei UBS sind wir uns der Bedeutung eines geordneten Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft bewusst.» Die UBS halte an ihren Dekarbonisierungszielen für den Kreditsektor fest, um ihre finanzierten Emissionen in bestimmten Sektoren zu senken, wie die UBS weiter schreibt.

Noch scheinen sich Investitionen in Öl und Gas zu rechnen. Doch der Widerstand gegen solche Projekte wächst und er wird rund um die Klimakonferenz in Brasilien wohl zu sehen und zu hören sein.

Fragen an Wirtschaftsredaktor Klaus Ammann

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Die UBS nimmt nicht direkt Stellung zu den Zahlen. Wie sind denn die Bemühungen der Schweizer Grossbank in Sachen Klimaschutz zu bewerten?

Man muss sagen, die Bank gehört ja auch hier nicht zu den Spitzenreitern, zu den negativen Spitzenreitern, wenn man so will. Das sind die Bank Santander aus Spanien, aber auch US-Grossbanken. UBS liegt «nur» auf Platz 27. Tatsächlich hat die UBS Fortschritte gemacht im Klimaschutz in den letzten Jahren. Aber die Wissenschaft ist eben eigentlich klar: Neue Erdöl- oder Gasförderung liegt gar nicht drin, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen. Und die UBS kann offensichtlich nicht ausschliessen, dass sie sich auch daran noch beteiligt, sonst hätte sie das sicher getan.

Brasilien gibt sich als Vorreiter im Klimaschutz. Jetzt zeigen die Zahlen aber etwas anderes. Was heisst das für die Klimakonferenz im November in Brasilien?

Grundsätzlich muss man sagen: Es ist nichts Neues, dass eine Klimakonferenz in einem Land stattfindet, das stark von fossilen Energieträgern abhängig ist. Zuletzt waren der Gastgeber ja Aserbaidschan, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten. Aber Brasilien ist nicht in dem Masse abhängig von den Fossilen. Und Brasilien ist eben ein demokratisches Land. Da wird die Kritik am Gastgeber, aber auch am Finanzsektor, aus den Reihen der Zivilgesellschaft voraussichtlich deutlich lauter sein als in den letzten Jahren.

Das Gespräch führte Martina Koch.

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SRF 4 News, 1.10.2025, 6 Uhr ; 

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