Im Streit über Irans Atomprogramm sind Verhandlungen zwischen dem Iran einerseits und Deutschland, Frankreich und Grossbritannien andererseits gescheitert. Die Europäer aktivieren nun den Snapback-Mechanismus, mit dem alte UNO-Sanktionen wieder eingeführt werden.
Wie bedeutet das Scheitern der Gespräche?
Es ist eine deutliche Eskalation des Atomkonflikts. Und es ist die Konsequenz daraus, dass der Iran nicht zum Einlenken bereit ist. Das Regime in Teheran ist geschwächt und fühlt sich offenkundig angeschlagen – und in dieser Notlage aus seiner Sicht setzt es erst recht auf sein Atomprogramm und damit letztlich darauf, Gegner nuklear abschrecken zu können.
Was forderten die Europäer?
Sie verlangten konkret: volle Zusammenarbeit Teherans mit der UNO-Atombehörde, enge Grenzen oder gar Verzicht für jegliche Urananreicherung sowie die Ausfuhr des bereits höher angereicherten Urans, das zum Atombombenbau dienen kann. Der Iran wollte diese Zugeständnisse nicht machen, die die Europäer bewogen hätten, auf den Snapback-Mechanismus zu verzichten.
Was bedeutet der Snapback-Mechanismus?
Es ist eine Art Sicherheitsnetz oder ein Druckmittel, das man in das Atomabkommen von 2015 eingebaut hat. Es sollte den Vertragsstaaten Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, USA, aber auch China und Russland die Möglichkeit geben, sämtliche UNO-Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft zu setzen, wenn sich Teheran nicht an das Atomabkommen hält. Dagegen gibt es keine Veto-Möglichkeit.
Wann tritt der Snapback-Mechanismus in Kraft?
Der Mechanismus enthält eine Gnadenfrist von 30 Tagen. Erst Ende September treten also alle UNO-Sanktionen gegen den Iran tatsächlich wieder in Kraft. Theoretisch könnte der Iran bis dahin noch Zugeständnisse machen – worauf der UNO-Sicherheitsrat beschliessen könnte, die Befreiung von Sanktionen zu verlängern. Gegen einen solchen Beschluss zugunsten des Irans könnten aber Frankreich, Grossbritannien oder die USA das Veto ergreifen.
Warum spielen Deutschland, Frankreich und Grossbritannien die Schlüsselrolle?
Die Amerikaner können den Snapback-Mechanismus nicht mehr auslösen, da sie ja unter der ersten Trump-Regierung vom Iran-Atomabkommen zurückgetreten sind. Die Russen und Chinesen wollen den Mechanismus gar nicht auslösen. Also bleiben die Europäer, die das noch tun konnten.
Zudem glaubt US-Präsident Trump seit den Bombardierungen der iranischen Atomanlagen im Juni, das Problem sei definitiv gelöst. Das ist zwar falsch, führt aber dazu, dass die Amerikaner sich nicht mehr wirklich engagieren.
Was bedeuten die Sanktionen für den Iran?
Es wird den Druck auf das wirtschaftlich geschwächte Land und das Regime noch einmal verstärken. Denn die UNO-Sanktionen, die zwischen 2006 und 2010 beschlossen wurden, sind umfassend: Sie reichen von einem Waffenembargo über Reiseverbote, die Beschlagnahmung iranischer Vermögen im Ausland bis zu Handelsbeschränkungen. Über die ohnehin bereits wieder geltenden US-Sanktionen kommen diese nun noch hinzu.
Werden sich alle Staaten an die Sanktionen halten?
China und Russland wohl eher nicht. China dürfte weiterhin in grossen Mengen iranisches Öl kaufen, Russland weiterhin Waffenhandel mit Teheran betreiben. Für diese Verstösse gegen die UNO-Sanktionsresolution haben sie selber keine Sanktionen zu befürchten, weil sie mit ihrem Veto solche Beschlüsse des Sicherheitsrats torpedieren können.