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Macron reist zur Schlichtung der Krise nach Neukaledonien
Aus SRF 4 News aktuell vom 22.05.2024. Bild: AP/Ludovic Marin
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Unruhe wegen Verfassungsreform Macron nimmt die Krise in Neukaledonien persönlich in die Hand

Nach tagelangen schweren Unruhen reist Emmanuel Macron nach Neukaledonien. Grund ist eine Verfassungsreform. Diese Reise ist eine Niederlage für den französischen Präsidenten.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron reist nach Neukaledonien, um in dem von schweren Unruhen erschütterten französischen Überseegebiet zu schlichten. Die Unruhen waren vor rund einer Woche ausgebrochen. Auslöser ist eine von der Regierung in Paris geplante Verfassungsreform. Macron soll auf der 1500 Kilometer östlich von Australien gelegenen Inselgruppe «eine Mission installieren», kündigte eine Regierungssprecherin in Paris an.

Ausser 2700 Polizeikräften sei dort inzwischen auch das Militär im Einsatz, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen und die Evakuierung von Urlaubern abzusichern. Australien und Neuseeland entsandten Flugzeuge, um gestrandete Bürger aus dem von Gewalt erschütterten Südpazifikgebiet nach Hause zu bringen.

Trümmer und Zerstörung auf einer städtischen Strasse.
Legende: Die geplante Verfassungsreform soll Tausenden französischstämmigen Bürgern das Wahlrecht und somit mehr politischen Einfluss einräumen. Dagegen wehren sich Befürworter einer Unabhängigkeit der Inselgruppe. Es kommt seit Tagen zu Zerstörung und Gewalt. imago images/Chabaud Gill/ABACA (19.05.2024)

Der zunächst beauftragte Premierminister und die lokalen Behörden konnten die Situation offenbar nicht regeln. Die Versorgung mit Lebensmitteln und Treibstoff ist nicht mehr gesichert. Patienten können nicht mehr in Krankenhäuser gelangen, um sich behandeln zu lassen, beklagen Spitäler.

Jahrzehntelange Konflikte und Gewalt

Die Kanaka, die indigene Bevölkerung Neukaledoniens, hatten in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend das Gefühl, die Kontrolle über ihre eigene Insel zu verlieren. Das führte zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen der Unabhängigkeitsbewegung und den europäischen Kaledoniern. Die gewaltsamen Konflikte endeten mit einem Friedensabkommen.

Darum hängt Frankreich an der Überseeregion

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Neukaledonien ist für Frankreich vor allem aus drei Gründen von Bedeutung:

  • Geostrategie: Neukaledonien liegt neben Australien und Neuseeland im Südpazifik. Diese Weltregion wird immer wichtiger.
  • Rohstoffe: Neukaledonien ist ein grosser Nickelproduzent und -exporteur.
  • Meeresböden: Im Kontinentalschelf werden sehr reiche Rohstoffvorkommen erwartet. Noch dürfen diese nicht abgebaut werden. Doch sie versprechen künftig Reichtum, den Paris nicht aus der Hand geben will.

In diesem Friedensabkommen wurde festgelegt, dass nur diejenigen an einer Abstimmung über die Unabhängigkeit Kaledoniens teilnehmen dürfen, die seit mindestens 25 Jahren auf der Insel leben. Auch ihre Nachkommen dürfen abstimmen. Nun hat Präsident Macron beschlossen, diese Zusicherung aufzulösen. Das wird von den Kanaka als Schwindel und Verrat empfunden.

Frankreich verhängte vorübergehend den Ausnahmezustand in Neukaledonien. Die Situation verbessere sich, bis zur Rückkehr zur Normalität sei aber noch viel zu tun, sagte die französische Sprecherin. Angestrebt werde eine politische Lösung.

Personen mit Flagge der Kanaken und der Sozialistischen Nationalen Befreiungsfront und geballter Faust am Strassenrand.
Legende: Neukaledonien wurde 1853 von Frankreich kolonisiert. Die Kanaka stellen heute eine Minderheit auf ihrer Insel dar. Sie machen rund 41 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Keystone/AP/NICOLAS JOB (15.05.2024)

Es sei eine Niederlage für Macron, dass er diese Wahlrechtsreform für Neukaledonien nicht ohne grosse Reaktionen durchziehen konnte. Das sagt Rudolf Balmer. Er ist freier Mitarbeiter für SRF in Frankreich. Macron hatte vorgesehen, diese Verfassungsrevision im Juni vor die beiden Parlamentskammern zu bringen. Das sei jetzt sehr fraglich geworden. Denn auch gemässigte Separatisten in Neukaledonien fordern als Vorbedingung für jegliche Gespräche den Rückzug dieser Wahlrechtsreform.

«Für Präsident Macron ist es in der gegenwärtigen Situation mit den Europawahlen doch eine Niederlage und sehr peinlich, dass er persönlich nach Neukaledonien fliegen muss, um dort einen Konflikt beizulegen – einen Konflikt, den er sich selbst zuschulden hat kommen lassen.»

SRF 4 News, 22.05.2024, 06:23 Uhr ; 

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