In Südafrika hat der Präsident nach den schweren Überschwemmungen der letzten Woche den Katastrophenzustand ausgerufen. In den Wasser- und Schlammmassen rund um Durban sind bis zu 500 Menschen ums Leben gekommen, Tausende haben kein eigenes Dach mehr über dem Kopf. Die Journalistin Leonie March beschreibt die immensen Zerstörungen und weiss, was die Menschen in Südafrika jetzt brauchen.
SRF News: Wie ist die Situation im Katastrophengebiet in Südafrika?
Leonie March: Wir leben hier immer noch mitten in der Katastrophe. Es werden immer noch Tote geborgen, viele Menschen werden vermisst. Es kommt zu herzzerreissenden Szenen von Menschen, die nach ihren Angehörigen suchen. Einige ländliche Orte sind immer noch nicht zugänglich.
Es kommt zu herzzerreissenden Szenen von Menschen, die nach ihren Angehörigen suchen.
Insgesamt wurden mehrere Tausend Häuser zerstört, viele Menschen sind jetzt obdachlos. Viele Strassen und Brücken wurden ebenfalls zerstört, praktisch kein Ort in der Region Durban ist unbeschadet geblieben.
Gibt es noch Hoffnung für die Vermissten?
Wunder soll man nie ausschliessen – aber es gibt kaum mehr Hoffnung. Rettungskräfte haben mir schon vor drei Tagen gesagt, es gebe wohl kaum mehr überlebende Vermisste. Viele wurden von Schlammlawinen verschüttet. Manche Leichen werden auch aus dem Meer geborgen, die von den Fluten dorthin gespült wurden.
Rund 40'000 Menschen sind vor den Fluten geflohen. Was wird nun aus ihnen?
Teils sind sie bei Bekannten untergekommen, auch Nachbarn haben Menschen in Not aufgenommen. Manche sind in Kirchgemeinden untergekommen, andere in Schulen. Klar ist: Der Wiederaufbau wird viel Zeit brauchen. Unklar ist in vielen Fällen aber, ob die Häuser dort aufgebaut werden sollen und können, wo sie vorher waren. Manche Menschen werden andernorts neu angesiedelt werden müssen.
Was brauchen die Menschen in Südafrika am dringendsten?
Essen und sauberes Wasser. Manche Leute haben alles verloren, sie brauchen also alles, was man zum Leben braucht – auch Decken und ein Dach über dem Kopf. Auch die Stromversorgung ist teilweise unterbrochen, ebenso mancherorts die Mobilfunknetze.
Die Regierung hat bereits Hilfe in Höhe von umgerechnet 60 Millionen Franken versprochen, mehr soll folgen. Wie wird sichergestellt, dass das Geld bei den Bedürftigen ankommt?
Präsident Cyril Ramaphosa sagte in einer Ansprache, man werde sicherstellen, dass Korruption in der Katastrophe keinen Platz haben werde. Allerdings wird Ähnliches immer wieder versprochen, ohne eingehalten zu werden – Korruption ist in Südafrika immenses Problem.
Eine spezielle Überwachungsstruktur soll dafür sorgen, dass das Geld dort ankommt, wo es gebraucht wird.
Laut Ramaphosa soll es eine Überwachungsstruktur geben, in die Private und religiöse Strukturen eingebunden werden sollen. So soll das Geld auch dort ankommen, wo es gebraucht wird.
Der Hafen von Durban hat eine wichtige wirtschaftliche Funktion. Welche Auswirkungen hat es, dass er immer noch geschlossen ist?
Noch immer können keine Container geladen werden, Teile des Hafens wurden zerstört. Entsprechend gibt es ein riesiges Verkehrschaos mit Lastwagen, die jetzt die Zufahrt zum Hafen blockieren. Es ist ein logistischer Alptraum, den Hafen so schnell wieder funktionstüchtig zu machen. Für die Wirtschaft sind die Konsequenzen massiv und können derzeit noch gar nicht beziffert werden. Es wird jetzt vor allem darauf ankommen, dass er seinen Betrieb möglichst bald wieder aufnehmen kann.
Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.