Worum geht es? In Deutschland hat das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die Partei Alternative für Deutschland (AfD) auf Bundesebene als «gesichert rechtsextremistisch» eingestuft. Bislang waren nur einzelne AfD-Landesverbände in diese Kategorie eingeteilt worden.
Wie begründet der Verfassungsschutz die Einstufung? Laut dem BfV hat sich der Verdacht bestätigt, dass die AfD «gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolge». Dies habe sich zur Gewissheit verdichtet: «Das vorherrschende ethnisch-abstammungsmässige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar», teilte der BfV mit. Dies habe zum Ziel, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschliessen.
Was sind die Argumente? Das BfV teilt mit, man habe eine gutachterliche Prüfung vorgenommen. Laut Gesetzesauftrag habe das Amt das Agieren der Partei bei Menschenwürde und den Prinzipen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit geprüft. Neben dem politischen Programm der AfD und dem Verhalten von Parteirepräsentanten seien auch Verbindungen zu rechtsextremistischen Gruppen betrachtet worden.
Wie «politisch» ist diese Einstufung? Der Verfassungsschutz ist einer der drei Nachrichtendienste in Deutschland und deckt das Inland ab. Durch Auswerten von Informationen zu extremistischen und terroristischen Bestrebungen betreibt er Aufklärung. Das BfV untersteht dem Bundesministerium des Innern und für Heimat. Laut Innenministerin Nancy Faeser (SPD) ist das BfV zu dieser Einstufung der AfD «ohne Einflussnahme aus der Politik gekommen».
Wie reagiert die AfD auf diese Einstufung? Die Parteispitze bezeichnet die Einstufung als politisch motiviert. Die Parteivorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla sprechen von einem «schweren Schlag gegen die Demokratie». In Umfragen führe die AfD als stärkste politische Kraft. Die Regierung sei nur noch vier Tage im Amt und das BfV verfüge noch nicht über einen Präsidenten. Zudem sei die Einstufung als «Verdachtsfall» noch nicht rechtskräftig. Trotzdem werde die AfD als Oppositionspartei kurz vor dem Regierungswechsel diskreditiert und kriminalisiert. Dagegen wolle sich die AfD juristisch wehren.
Wie verhält sich jetzt der Verfassungsschutz gegenüber der AfD? Das BfV stufte die AfD bereits 2021 als «Verdachtsfall» ein. Damit wird der Einsatz von nachrichtendienstlichen Methoden erlaubt, etwas «V-Leute» (Verbindungs- oder Vertrauenspersonen), die unerkannt Zugang zu internen Informationen erhalten sollen. Erlaubt sind auch Observationen sowie Bild- und Tonaufnahmen. Bei einer als «gesichert extremistisch» eingestuften Organisation sinkt die Schwelle für den Einsatz solcher Mittel.
Was bedeutet die Einstufung für die deutsche Innenpolitik? Wenn der Verfassungsschutz eine Gruppierung als «gesichert rechtsextremistisch» einstufte, war sie bislang rasch politisch erledigt, denn «mit Neonazis, Rechtsextremen und Rassisten» wollte niemand etwas zu tun haben, sagt Stefan Reinhart, ehemaliger Deutschland-Korrespondent. Die Geschichte habe den Staat wachsam gemacht, es gebe klare Grenzen, welche die Politik und die Gesellschaft akzeptierten. Trotz Ablehnung der AfD durch die politischen Eliten sei die Partei aber ständig gewachsen und erzielte über 20 Prozent Wähleranteil bei der Bundestagswahl.