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USA: Harscher Umgang mit Rektorinnen von Spitzenunis
Aus SRF 4 News aktuell vom 04.01.2024. Bild: Keyston/CJ Gunther
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US-Eliteuniversitäten «Anstieg von Übergriffen und Hassreden auf jüdische Studierende»

Nach sechs Monaten muss Claudine Gay, Präsidentin der prestigeträchtigen Harvard Universität in den USA, ihren Posten räumen. Sie ist unter anderem wegen ihres Umgangs mit antisemitischen Vorfällen an der Universität und Plagiatsvorwürfen in Kritik geraten.

Claudia Brühwiler

Claudia Brühwiler

Politologin

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Die Politologin Claudia Brühwiler ist Dozentin für Amerikanistik an der Universität St. Gallen.

SRF News: Warum haben Antisemitismusvorfälle Claudine Gay und Harvard so viel Kritik eingebracht?

Claudia Brühwiler: Einerseits haben die Universität Harvard und ihre Rektorin ungeschickt auf den Anschlag vom 7. Oktober und die Reaktion ihrer Studierenden auf den Anschlag reagiert. Ein Teil der Studierenden der Universität hat in einer öffentlichen Stellungnahme Israel allein die Schuld für den 7. Oktober gegeben und die Anschläge der Hamas als legitimen Widerstand dargestellt.

Harvard-Präsidentin Claudine Gay drückte sich eher etwas gewunden aus und setzte mehr auf juristische Korrektheit denn moralische Klarheit.

Die Harvard-Rektorin Claudine Gay hat darauf etwas abwiegelnd und nicht besonders moralisch klar reagiert. Das hat sich bei einem Hearing im Kongress wiederholt. Vor allem die republikanische Abgeordnete Elise Stefanik hat nicht nur Claudine Gay, sondern auch die Rektorin der University of Pennsylvania und des Massachusetts Institute of Technology ins Kreuzverhör genommen. Claudine Gay drückte sich, wie auch ihre Kollegin, etwas gewunden aus und setzte mehr auf juristische Korrektheit denn moralische Klarheit. Das führte zu viel Kritik und zu Druck durch grosse Geldgeber.

Touristen fotografieren die Uni Harvard
Legende: In der Kritik: Die renommierte Harvard-Universität in Cambridge. Keystone/CJ Gunther

Neben der Präsidentin von Harvard ist auch jene der University of Pennsylvania zurückgetreten. Haben die amerikanischen Unis ein Antisemitismusproblem?

So pauschal darf man das nicht ausdrücken. Das Problem ist schon länger bekannt und äussert sich vor allem an bestimmten Universitäten. Harvard ist hier besonders exponiert. Seit Jahren gibt es dort die sogenannte «Israeli Apartheid Week», in der studentische Gruppen, die Palästina unterstützen, jeweils auf die Situation in Gaza und der Westbank aufmerksam machen.

Drei US-Universitäten und zwei Rücktritte

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Liz Magill, die Rektorin der University of Pennsylvania, und Claudine Gay, die Rektorin von Harvard, sind zurückgetreten. Anders die Präsidentin des ebenfalls aus denselben Gründen in der Kritik stehenden Massachusetts Institute of Technology, Sally Kornbluth. Sie behält ihr Amt. Ihr hat die Leitung der Universität Anfang Dezember in einem Statement den Rücken gestärkt.

Sie tun dies mit recht harschen Meinungsäusserungen und sogenannten Kunstwerken, die doch eindeutig antisemitischen Inhalts sind. Solche Veranstaltungen gibt es auch an zahlreichen anderen Universitäten. Und nun hat man tatsächlich einen Anstieg an Übergriffen und Hassreden gegen jüdische Studierende festgestellt.

Konservative Stimmen sehen einen Zusammenhang zwischen antisemitischen Vorfällen und linken, progressiven Ideologien, die an amerikanischen Unis gelehrt werden. Wie berechtigt ist diese Verknüpfung?

Da muss man etwas relativieren. Universitäten sind nicht nur Lehr- und Forschungsanstalten, sondern regelrechte Ökosysteme, in denen sich studentisches Denken nicht nur aus der Forschung und Lehre speist, sondern auch eben aus der Interaktion unter- und miteinander. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Bewegung BDS, die zum Boykott, zu Desinvestitionen und Sanktionen gegen Israel aufruft, viel Auftrieb an Fakultäten von US-Spitzenuniversitäten erfahren hat. Ihre Inhalte und Denkweise verbreiten sich auch im Klassenzimmer.

67 Prozent der 18- bis 24-Jährigen sehen laut einer Umfrage in Juden eine Unterdrückerklasse, was durchaus auch durch Lehrinhalte gespeist worden sein muss.

Einen direkten Zusammenhang herzustellen, wäre aber verwegen, zumal wir nicht Teil der Klassendynamik sind. Ins Auge sticht allerdings eine Umfrage, die von Harvard selbst in Zusammenarbeit mit dem Harris Institute getätigt wurde, wonach 67 Prozent der 18- bis 24-Jährigen in Juden nicht einfach Israelis, sondern eine Unterdrückerklasse sehen. Dieses Denken muss durchaus auch durch Lehrinhalte gespeist worden sein.

Das Gespräch führte Nicolas Malzacher.

HeuteMorgen, 04.01.2024, 06:00 Uhr;

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