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US-Kongress kurz vor Deadline Der «Shutdown» ist abgewendet – aber nur vorerst

Eine gute Nachricht aus Washington: Die Regierung ist wieder flüssig. Fast wären um Mitternacht die Regierungsgeschäfte wegen mangelnder Finanzierung zum Teil eingestellt worden.

Doch in letzter Stunde verabschiedete der US-Kongress ein Übergangsbudget. Die Demokraten und drei Dutzend Republikaner stimmten dafür. Doch das Notpflaster hält nur bis am 3. Dezember. Dann droht erneut ein «Shutdown».

Es wäre nicht der erste Shutdown

Ende 2018 wurden Hunderttausende von Beamten und Beamtinnen zwangsbeurlaubt und mussten auf ihre Löhne verzichten. Sie standen in der Winterkälte Schlange, um gratis Lebensmittel zu beziehen. Das Fiasko dauerte über einen Monat und kostete die US-Wirtschaft rund 11 Milliarden Dollar.

So hoch kann der Preis sein für das politische Machtpoker im US-Kongress. Ein «Chicken-Game», das sich zu wiederholen droht. Wer zuerst blinzelt, verliert. 2018 wollten die Demokraten Donald Trumps Mauer zu Mexiko zu verhindern. Trump blinzelte zuerst, er musste auf die versprochene Mauer verzichten.

Wer blinzelt diesmal zuerst?

Heute protestieren die Republikaner gegen den von den Demokraten geplanten Ausbau des Sozialstaats. Sie haben den Shutdown nur abgewendet, weil sie wissen, dass sie eine potentere Mittelstreckenwaffe zur Hand haben: Die Schuldenobergrenze.

Sie ist eine Art selbstauferlegte Kreditlimite für das US-Staatbudget. Jedes Mal, wenn sie erreicht ist, muss der Kongress eine Erhöhung bewilligen. Das wird voraussichtlich am 18. Oktober der Fall sein.

Die Republikaner haben bereits angekündigt, dass sie das unter keinen Umständen tun werden. Sie provozieren die Demokraten, die Schuldenobergrenze eigenmächtig zu erhöhen, entgegen der gängigen Regeln. Diese sagen, nein danke, in diese Falle tappen wir nicht.

Wer damit politisiert, verunsichere die Finanzmärkte

Derweil warnt Finanzministerin Janet Yellen vor einer «Wirtschaftskatastrophe» und einem Tumult an den Finanzmärkten. Denn wird die Schuldenobergrenze nicht fristgerecht erhöht, kann die grösste Volkswirtschaft der Welt ihre Schulden nicht mehr bedienen.

Yellen bittet die Parlamentsabgeordneten beider Parteien, nicht mit dem Feuer zu spielen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr dringender Appell auf dem heillos zerstrittenen Kapitolshügel gehört wird, ist eher klein. Appetit auf einen harten Showdown zeigen derzeit beide Parteien. Das ist die weniger gute Nachricht.

Isabelle Jacobi

USA-Korrespondentin, SRF

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Nach dem Studium in den USA und in Bern arbeitete Jacobi von 1999 bis 2005 bei Radio SRF. Danach war sie in New York als freie Journalistin tätig. 2008 kehrte sie zu SRF zurück, als Produzentin beim Echo der Zeit, und wurde 2012 Redaktionsleiterin. Seit Sommer 2017 ist Jacobi USA-Korrespondentin in Washington.

Echo der Zeit, 31.09.2021, 18:00 Uhr

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