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US-Luftangriff in Syrien «Die USA haben das Ziel des Angriffs ganz bewusst gewählt»

Die USA haben am Donnerstag Luftangriffe gegen iranische Milizen im Osten Syriens geflogen. Es handelt sich – soweit bekannt – um den ersten amerikanischen Militäreinsatz unter dem neuen Oberbefehlshaber Joe Biden. Eine Abkehr von der bisherigen US-Aussenpolitik sei das aber nicht, erklärt die USA-Expertin Sarah Wagner.

Sarah Wagner

Politologin

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Sarah Wagner ist USA-Expertin und stellvertretende Direktorin bei der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz in Kaiserslautern.

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SRF News: Was ist das Ziel dieser Luftschläge in Syrien?

Sarah Wagner: Laut der Biden-Administration waren die Luftschläge eine Antwort auf die kontinuierlichen Angriffe und anhaltenden Drohungen gegen die USA und ihre Alliierten im Irak. Gerade Mitte Februar gab es einen Angriff im Norden des Iraks, bei dem mehrere Amerikaner verletzt wurden. Ein ziviler Auftragsnehmer der internationalen Militärkoalition wurde getötet.

Eine Reaktion also auf Angriffe in Irak. Wieso haben die USA nicht einfach in Irak reagiert?

Die USA haben das Ziel an der syrisch-irakischen Grenze ganz bewusst gewählt. Denn man wollte vermeiden, dass der Angriff ein Problem für die irakische Regierung wird. Die Regierung im Irak ist ein wichtiger Partner der USA im Kampf gegen Isis. Hier wollte man verhindern, dass es aufgrund solcher Luftangriffe dann innenpolitischen Druck auf die irakische Regierung gegeben hätte. Denn das hätte im Irak als Verletzung der irakischen Souveränität für Aufruhr sorgen können. Diese Sachlage war offenbar bereits am Dienstag zwischen dem irakischen Premier und Präsident Biden besprochen worden.

Welche Botschaft sendet Joe Biden damit in Richtung Iran aus?

Das sind mehrere Botschaften: So versucht Biden aufzuzeigen, dass Angriff auf US-Truppen in der Region nicht folgenlos bleiben. Man signalisiert Richtung Iran, dass man die Verantwortung für solche Angriffe wie im Irak auch konkret dem Iran zuschreibt – auch wenn diese Angriffe durch sogenannte Stellvertreter-Milizen stattfinden.

Die USA signalisieren, dass sie auch die Angriffe von Stellvertreter-Milizen konkret dem Iran zuschreiben.
Autor: Sarah Wagner

Es ist auch eine Reaktion auf den Versuch des Irans, die eigene Stellung in Syrien auszubauen und vermehrt Menschen für neue Milizen zu rekrutieren. Einige Beobachter schätzen zudem, dass es eine allgemeinere Botschaft an Iran war, dass man nicht aus einer Position der Schwäche in Verhandlungen und Gespräche über das Atomabkommen gehen will.

Unter Donald Trump wollten sich die USA von ihrer Rolle als «Weltpolizist» verabschieden. Sehen Sie da nun eine Abkehr von dieser Strategie?

Man darf nicht vergessen, dass diese Angriffe auch unter Präsident Trump stattfanden. So wurde etwa 2017 in Afghanistan die sogenannte «Mutter aller Bomben» gegen Isis abgesetzt. Auch in Syrien kam es unter Trump zu Luftschlägen. Dazu kam die Tötung des iranischen Generals Suleimani im letzten Jahr. Solche militärischen Interventionen in Form von begrenzten Luftschlägen waren und werden weiterhin Teil der US-Aussenpolitik sein.

Die Biden-Regierung nimmt anscheinend mehr Rücksicht auf die Partner vor Ort.
Autor: Sarah Wagner

Ein kleiner Unterschied: Die Biden-Regierung nimmt anscheinend mehr Rücksicht auf die Partner vor Ort. Man bespricht solche Aktionen mit Verbündeten wie in diesem Fall der irakischen Regierung. Wenn laut den USA ihre Sicherheit oder ihre Truppen vor Ort gefährdet sind, werden sie dies auch militärisch beantworten. Das war bisher unter jedem Präsidenten so, egal ob Republikaner oder Demokrat.

Das Gespräch führte Claudia Weber.

SRF 4 News, 26.02.2021, 10:35 Uhr ; 

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