Der US-Fernsehsender ABC hatte die Late-Night-Show von Jimmy Kimmel nach dessen Äusserungen über den erschossenen Aktivisten Charlie Kirk abgesetzt und nun wieder ins Programm aufgenommen. US-Korrespondent Andrea Christen über die Beweggründe und die Diskussion in der US-Medienlandschaft über die Redefreiheit im Land.
Was sind die Gründe, dass Jimmy Kimmel so rasch mit seiner Late-Night-Show zurückkommt?
Es dürfte eine Reihe von Gründen gegeben haben: ABC und der Medienkonzern Disney waren von prominenten Demokraten und Gewerkschaften in Hollywood massiv kritisiert worden. Man sei eingeknickt unter dem Druck von US-Präsident Donald Trump und der Kritik von der rechten Seite. ABC und Disney hätten dies vielleicht als Vorwand genutzt, um den sehr Trump-kritischen Kimmel abzusetzen, vermutete das «Wall Street Journal». Das suggeriert, dass man die heftige öffentliche Reaktion unterschätzt habe. Es drohte ein Imageschaden und vielleicht fürchtete Disney um seinen Börsenkurs und dass es zu Abonnementskündigungen kommen könnte, etwa beim Streamingdienst Disney+.
Wie kam der Burgfrieden so rasch zustande?
Von ABC heisst es, man habe mit Jimmy Kimmel «wohlüberlegte Gespräche» geführt und sich dazu entschlossen, Kimmel wieder auf den Sender zu lassen. Die Frage ist, ob damit die Sache erledigt ist. Brendan Carr, Vorsitzender der Federal Communications Commission, ist ein Trump-Loyalist. Er scheint gewillt, Bussen oder das Gewähren oder Verweigern von TV-Lizenzen als Druckmittel einzusetzen. In einem Interview schien er die Absetzung von Kimmel zu fordern: «Wir können das auf die einfache oder auf die harte Tour tun.» Kurze Zeit später wurde Jimmy Kimmel abgesetzt. Und Carr oder auch Trump könnten weiter Druck machen. Kimmel kritisiert Trump hart – und der Präsident hat es auf ihn speziell abgesehen. Zwei grosse lokale Fernsehnetzwerke haben erklärt, sie würden Kimmel nicht wieder ins Programm aufnehmen, womit er in Teilen des Landes nicht mehr im Fernsehen zu sehen sein wird.
Die Kritik an der Absetzung der Show war relativ breit. Weshalb reagierten so viele Menschen auf die Absetzung?
Die Kritik kam besonders von links – von rechts wurde Kimmels Absetzung begrüsst, auch von Trump selbst. Doch die Absetzung, bei der Druck der Regierung auch eine Rolle gespielt haben dürfte, wurde rasch zum Brennpunkt in der Debatte um die verfassungsmässige Redefreiheit. Republikaner und Rechte sehen sich als deren Verteidiger. Einige glauben zu sehen, dass die Trump-Regierung vorantreibt, was den Demokraten vielfach vorgeworfen wird: «Cancel Culture» und die Beschneidung der Redefreiheit. Kimmels Bemerkungen zum Tod von Charlie Kirk seien zwar «falsch, herzlos und dumm» gewesen, schrieb das «Wall Street Journal», doch das gebe der Regierung nicht das Recht, «regulatorische Zensur» zu betreiben.
Präsidenten wurden in US-Late-Night-Shows schon immer kritisiert. Was sagt es über den Zeitgeist in den USA aus, dass es nun letzte Woche zur Absetzung kam?
Rechts und Links werfen sich in den USA Zensur und «Cancel Culture» vor. Das ist nicht neu. Dass eine Regierung die regulatorischen Hebel einsetzt – oder droht, sie einzusetzen – aber schon. Neu ist auch, dass Trump nicht nur seit Jahren Journalisten und Medienhäuser verunglimpft, sondern sie nun auch mittels Klagen unter Druck setzt. Selbst finanzstarke Medienhäuser, die bei Fusionen auf die Bundesregierung angewiesen sind, geben dem Druck nach. Das ist für die US-Demokratie, die an vielen Fronten unter Druck ist, eine bedenkliche Tendenz.