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US-Präsident an Mexikos Grenze Trump hält an seiner Mauer fest

  • An seinem umstrittenen Mauerprojekt an der Grenze zu Mexiko hält der US-Präsident fest, wie er bei seinem Besuch der Grenztruppen betonte.
  • Medienberichten zufolge könnte Trump auch auf Gelder aus dem Militärbudget zurückgreifen, um das Bauwerk zu finanzieren.

US-Präsident Donald Trump hat bei einem Besuch an der Grenze zu Mexiko für sein umstrittenes Mauerprojekt geworben und erneut mit der Verhängung des nationalen Notstands gedroht.

Es entspreche dem «gesunden Menschenverstand», eine Mauer zu errichten, sagte Trump vor Journalisten in der Grenzregion im Rio Grande Valley im Bundesstaat Texas.

Drohung mit nationalem Notstand

In einem an der Grenze geführten Interview des Senders Fox News sagte Trump, wenn es keine Einigung im Kongress gebe, werde er höchstwahrscheinlich den nationalen Notstand verhängen. Er könne sich keinen Grund vorstellen, warum er es nicht tun könnte, denn er sei dazu berechtigt. Nach dem Zeitplan gefragt, erklärte er, man werde sehen, was in den nächsten Tagen passieren werde.

Trump: «Kommt auf die andere Seite der Mauer!»

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Das Internet kann unerbittlich sein - vor allem sein Erinnerungsvermögen. US-Präsident Donald Trump versucht dieser Tage, mit aller Macht den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko durchzusetzen, um illegale Migranten von der Einreise abzuhalten. Deshalb will er eine möglichst grosse Barriere errichten, quasi ein unüberwindbares Bollwerk. Er stellt eine Mauer als einziges Mittel dar, um schlimmstes Unheil für sein Land abzuwenden. Doch gerade da taucht ein Video aus der Vergangenheit auf, das so gar nicht zu diesem Mantra passen will. Im Jahr 2004 verlieh die Wagner-Hochschule in New York Trump die Ehrendoktorwürde. Bei einer kleinen Rede zu diesem Anlass sprach Trump damals vor Absolventen der Hochschule und versorgte diese mit allerlei Lebenstipps für die weitere Zukunft («Gebt 100 Prozent», «Seid diszipliniert», «Lernt jeden Tag etwas»). Einer seiner wichtigsten Ratschläge zum Schluss: «Gebt niemals auf.» Und weiter - als bildhafte Beschreibung: «Wenn ihr vor einer Betonwand steht, geht hindurch, klettert drüber, geht dran vorbei, aber kommt vor allem auf die andere Seite dieser Mauer.» Die US-Satiresendung «The Daily Show» grub ein Video von Trumps damaliger Ansprache aus und verbreitete nun auf Twitter eine Kurzfassung des Clips mit der Passage zur Mauer. Dazu der Kommentar: «Oh Mann, wenn Trump seine Mauer bekommt, sollte er hoffen, dass niemand in Mexiko dieses alte Video zeigt, das wir gefunden haben.» Sichtweisen können sich offenbar über die Jahre verändern. Das gilt auch für Vertreter der Wagner-Hochschule, die die damalige Auszeichnung für Trump später mit gemischten Gefühlen betrachteten. Mehrere Professoren distanzierten sich öffentlich von dessen Kurs – unter anderem von seinen Verschärfungen in der Migrationspolitik.

Unterstützung bekam Trump vom prominenten republikanischen Senator Lindsey Graham. Wegen der Blockadehaltung der Demokraten gebe es faktisch keinen Weg, das Geld für die Mauer vom Kongress genehmigt zu bekommen, erklärte Graham in einer Mitteilung. Sein Fazit: «Es ist an der Zeit für Präsident Trump, seine Notstandbefugnisse einzusetzen, um den Bau einer Mauer/Barriere zu finanzieren.»

«Shutdown» seit drei Wochen

Weil Trump auf dem Geld für die Mauer beharrt, stehen in den USA seit fast drei Wochen Teile des Regierungsgeschäfts still. Da nicht rechtzeitig ein Budgetgesetz beschlossen wurde, gilt seit dem 22. Dezember eine Haushaltssperre für mehrere Ministerien.

Rund 800'000 Mitarbeiter von Regierung und Bundesbehörden müssen daher vorerst ohne Bezahlung arbeiten oder im Zwangsurlaub ausharren. Sollte sich der Zustand bis über Freitag hinaus hinziehen, wäre es der längste «Shutdown» in der Geschichte der USA.

Geld vom Militär abzwacken?

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Laut US-Medienberichten soll das Weisse Haus bereits konkrete Möglichkeiten erörtern, aus welchen Töpfen das Geld für die Mauer bei einem Notstand abgezweigt werden könnte. Die «Washington Post» und das «Wall Street Journal» berichteten, die Regierungszentrale habe das Army Corps of Engineers angewiesen zu prüfen, ob Geld aus einem Katastrophenhilfegesetz für den Bau der Mauer umgeschichtet werden könnte. Das Gesetz aus dem vergangenen Jahr stellt Hilfen für das US-Aussengebiet Puerto Rico sowie für die Bundesstaaten Texas, Kalifornien und Florida zur Verfügung. Das US Army Corps of Engineers ist ein Kommando der US-Armee, das im Bereich Bauingenieurwesen tätig ist. Das «Wall Street Journal» meldete unter Berufung auf eine Quelle im Kongress, die Verantwortlichen sollten nun klären, welche Projekte aus der Katastrophenhilfe verzögert werden könnten, um das Geld stattdessen für die Mauer zu nutzen. Es handelt sich demnach um Projekte, deren Bau zwar genehmigt wurde, deren Finanzierung jedoch noch nicht verpflichtend ist. Darunter sind Hochwasserschutzmassnahmen, die Schäden bei künftigen Naturkatastrophen abwenden sollen. Trump könnte sich im Falle einer Notstandserklärung auf ein Gesetz berufen, das es dem Verteidigungsminister bei einem Notstand ermöglicht, die Konstruktion «militärischer Bauprojekte» anzuweisen. Eine andere Passage erlaubt es dem Pentagonchef, zivile Projekte der Armee zu stoppen und stattdessen Soldaten an anderen Bauvorhaben zu beteiligen, «die essenziell sind für die nationale Verteidigung».

Der Präsident will einem neuen Budgetgesetz nur zustimmen, wenn es Ausgaben in Höhe von 5,7 Milliarden Dollar für den Bau der Grenzmauer vorsieht. Die Demokraten – auf deren Stimmen Trump im Kongress angewiesen ist – verweigern das aber vehement.

Demokraten drohen mit Klagen

Die Situation ist festgefahren, das letzte Spitzentreffen zwischen beiden Seiten platzte. Deswegen erscheint es zunehmend wahrscheinlicher, dass Trump mit der Verhängung des nationalen Notstands Ernst machen könnte. Der Schritt gäbe ihm weitreichende Befugnisse und er könnte versuchen, die Mauer ohne Zustimmung durch den Kongress bauen zu lassen.

Einen landesweiten Ausnahmezustand, bei dem Gesetze oder gar Grundrechte ausser Kraft gesetzt werden, bedeutet das zwar nicht. Die Demokraten drohen aber dennoch mit Klagen vor Gericht.

Trump und seine Mauerpläne

Mehr als fünf Milliarden US-Dollar verlangt Trump vom Kongress für den Mauerbau - aber was genau hat er damit eigentlich vor? Und welche Sperranlagen stehen an der Grenze schon? Wichtige Fragen und Antworten im Überblick:
Wie sieht der Grenzschutz aktuell aus?Rund 1130 Kilometer der 3144 Kilometer langen Südgrenze zu Mexiko sind bereits mit Zäunen und anderen Absperrungen gesichert. Mancherorts enden diese Barrieren abrupt. Die ersten Barrieren hat die Grenzschutzbehörde in den 1990er-Jahren errichtet, unter dem damaligen demokratischen Präsidenten Bill Clinton. Auch seine Nachfolger, der Republikaner George W. Bush und der Demokrat Barack Obama, liessen den Grenzschutz kontinuierlich ausbauen. In einigen Gegenden stehen doppelte Barrieren, in anderen nur solche, die Autos abhalten sollen. Die Grenzschutzbehörde hat an der Südgrenze nach den jüngsten Zahlen rund 16'600 Mitarbeiter im Einsatz. Die Border Patrol Agents patrouillieren auf Quads, in Jeeps und in einigen Gegenden sogar zu Pferd. Drohnen überwachen den Luftraum.
Was hat Trump genau vor? Lange Zeit hat der Republikaner davon gesprochen, dass er eine 1600 Kilometer lange Mauer aus Beton bauen lassen wolle. An der Grenze nahe der kalifornischen Grossstadt San Diego stehen seit mehr als einem Jahr acht Prototypen, davon mehrere aus Beton. Sie wurden für Testzwecke errichtet. Kritiker halten ihren Nutzen aber für fragwürdig. Ohnehin scheint Trump in den vergangenen Tagen von Beton abgerückt zu sein; er spricht jetzt viel über eine Stahlbarriere. Am Donnerstag erklärte er, seine Regierung schaue sich mehrere Varianten an. Das Heimatschutzministerium hat erklärt, es wolle mehr als 531 Kilometer an neuen Absperrungen errichten, sollten die von Trump geforderten 5,7 Milliarden US-Dollar vom Kongress bewilligt werden. Diese Absperrungen würden nach Darstellung des Ministeriums in Gegenden liegen, die für die Grenzschützer «höchste Priorität» haben.
Trump behauptet immer wieder, Teile der Mauer würden schon gebaut – stimmt das?Seit Trumps Amtsantritt wurden keine neuen Abschnitte gebaut. Es wurden lediglich existierende Barrieren ausgebessert oder ausgetauscht – etwa in Kalifornien. Wie aus einer Übersicht des Heimatschutzministeriums hervorgeht, hat der Kongress dafür in den Haushaltsjahren 2017 und 2018 Geld für eine Strecke von rund 200 Kilometern bereitgestellt. In dem Gesetz, das die Finanzierung bewilligte, ist explizit vorgeschrieben, dass dabei nur bereits erprobte Bauweisen zur Anwendung kommen dürfen. Damit sind Trumps acht Mauer-Prototypen davon ausgenommen. Im Februar soll erstmals mit dem Bau zweier neuer Barrieren begonnen werden. Die Aufträge dafür hat die Grenzschutzbehörde CBP im November vergeben. Beide Abschnitte liegen im Rio Grande Valley. Einer ist rund 10 Kilometer, der andere rund 13 Kilometer lang. Das kürzere Stück liegt nahe der Stadt McAllen, wo Trump am Donnerstag hinreiste, um für sein Projekt zu werben.
Angenommen, Trump würde die 5,7 Milliarden bekommen – könnte dann sofort mit dem Bau begonnen werden? Das gilt als unwahrscheinlich. In vielen Gegenden ist das Grenzland in Privatbesitz, vor allem in Texas. Die Bundesregierung hat das Recht, das Land zu enteignen, muss dann aber Entschädigungen zahlen. Wenn die Besitzer ihr Land nicht verkaufen wollen, landet der Fall vor Gericht. Als die Regierung von George W. Bush 2007 mit der Planung eines Zauns begann, kam es zu einer Welle von Klagen des Heimatschutzministeriums gegen Landbesitzer. Das droht auch jetzt.
Trump sagt, Mexiko würde im Rahmen des neu verhandelten Handelsabkommens indirekt für die Mauer bezahlen - stimmt das? Die Aussage ist problematisch. Das Abkommen ist noch gar nicht in Kraft, die Parlamente der drei beteiligten Länder – auch Kanada gehört dazu – müssen ihm noch zustimmen. Das räumte Trump am Donnerstag sogar ein. Aber dann wiederholte er, dass Mexiko durch das Abkommen für das Bauwerk zahlen werde. Der Deal enthält aber keine Regelung, wonach die USA von ihrem südlichen Nachbarn Geld für die Mauer bekommen würden. Durch den Freihandelspakt sollen vor allem Unternehmen und Verbraucher entlastet werden. Direkte Einnahmen für den US-Staatshaushalt leiten sich daraus nicht ab.
Trump hat damit gedroht, den nationalen Notstand zu verhängen. Was
hiesse das?

Der Schritt wäre nicht ganz so dramatisch, wie er klingt. Ein nationaler Ausnahmezustand – wie es ihn etwa in der Türkei nach dem Putschversuch 2016 gab – ist damit nicht gemeint. Aber Trump würde sich damit weitreichende Befugnisse verschaffen und er könnte versuchen, die Mauer ohne Zustimmung des Kongresses zu bauen. Er könnte sich dabei auf ein Gesetz berufen, das es dem Verteidigungsminister bei einem Notstand ermöglicht, die Konstruktion «militärischer Bauprojekte» anzuweisen. Eine andere Passage erlaubt es dem Pentagonchef, zivile Projekte der Armee zu stoppen und stattdessen Soldaten an anderen Bauvorhaben zu beteiligen, «die essenziell sind für die nationale Verteidigung». Ob das alles so einfach ginge, ist allerdings fraglich. Möglicherweise könnte
sich Trump aber dieses Mittels bedienen, um seinen Anhängern Tatkraft zu suggerieren – ohne dass er mit der Mauer tatsächlich vorankommt.

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