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US-Wahlen Joe Shakour – Baptistenpfarrer mit fragwürdiger Mission

Er setzt sich für ein Gesetz ein, das transsexuellen Menschen vorschreibt, welche Toilette sie in öffentlichen Gebäuden zu benutzen haben: Pastor Joe Shakour aus North Carolina hat in den vergangenen Monaten in den USA für reichlich Wirbel gesorgt. Ein Portrait der «Echo»-Serie zu den US-Wahlen.

Tabernacle Baptist Church in Wilson, North Carolina: Innig singen rund 300 Gläubige – Männer, Frauen und Kinder – an diesem Sonntagmorgen ein Kirchenlied. Dann begrüsst Pastor Joe Shakour seine Schäfchen:

Gemeinsamer Nenner gesucht!

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Im US-Wahlkampf driften die Kandidaten, aber auch das Land und die Gesellschaft stark auseinander. Unter dem Titel «Divided We Stand» porträtiert das «Echo der Zeit» sechs Amerikaner, die für diese Polarisierung stehen. Alle setzen sich mit Herzblut für ihr Land ein, haben aber völlig verschiedene Vorstellungen davon, wie die USA aussehen sollen.

«Ich bin dankbar für die Gnade Gottes. Erhältlich für alle durch ihren Glauben!» Und er habe eine wichtige Information: Es sei tatsächlich möglich, Amerika wieder grossartig zu machen: «Nicht mit Donald Trump oder Hillary Clinton, sondern mit Jesus Christus und dessen Herrlichkeit.»

Eine Lawine losgetreten

Der stämmige 32-jährige Pastor interessiert sich für Politik und mischt mit, auch ausserhalb der Kirchenmauern. Besonders heftig setzte er sich jüngst für ein Gesetz ein, das in North Carolina regelt, wer wo aufs WC gehen darf. Das Gesetz schreibt vor, dass transsexuelle Menschen jene Toilette benützen müssen, die dem Geschlecht im Fahrausweis oder in ihrer Geburtsurkunde entspricht – nicht dem ihrer aktuellen Geschlechtsidentität.

Seither ist die Hölle los. Firmen drohen damit, North Carolina zu verlassen, Musiker sagen ihre Konzerte ab und der Bundesstaat macht in den Medien mit negativen Schlagzeilen von sich reden.

Hintergrund zu den US-Wahlen

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«Zum Schutz der Bevölkerung»

Er könne die Aufregung nicht verstehen, sagt Shakour nach der Predigt: Absurd und engstirnig sei das – ein Boykott ohne Dialog, der lediglich Zwietracht schaffe.

«Wir arbeiten mit allen Bevölkerungsgruppen. North Carolina ist kein Ort der Diskriminierung. Jeder ist willkommen hier. Auch in unserer Kirchgemeinde. Wir wollen ein Ort der Liebe sein. In der Bibel heisst es: ‚Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe unter euch habt!‘ Doch diese Liebe ist keine Einbahnstrasse. Die andere Seite muss anerkennen, dass wir das Gesetz zum Schutz unserer Bevölkerung erlassen haben und niemanden damit verletzen wollen.»

Die Medien hätten aus einer Mücke einen Elefanten gemacht, sagt der Baptisten-Pfarrer. Das Toiletten-Gesetz gelte nur für Staats- und Schulgebäude, private Firmen seien weiterhin frei, ihre eigenen WC-Regeln aufzustellen.

Die Justiz ermittelt

Warum dann nicht einfach lassen? «Ohne das Gesetz könnte ein Mann vorgeben, er sei transsexuell, eine Damen-Toilette besuchen und dort ein Sexualverbrechen begehen. Darum ging es uns. Nicht um Transsexuelle. Sie sind harmlos. In den USA sind nur 0,3 Prozent der Menschen transsexuell. Aber wir haben allein in unserem Staat 24‘000 Sexualstraftäter!»

Organisationen, die sich für die Rechte von Transsexuellen einsetzen und auch die Obama-Regierung sehen das freilich anders. Das Gesetz diskriminiere ganz bewusst Transsexuelle. Das US-Justizdepartement hat gegen North Carolina wegen der Verletzung von Bürgerrechten ein Verfahren eröffnet.

Mit der Bibel «gegen die Verwirrung»

In der Tabernacle Baptist Church folgt auf die geistige Labung die leibliche Speisung. Am Buffet decken sich die Kirchgänger mit Salat und belegten Broten ein. Die Kinder spielen im Saal. Pastor Shakour sitzt an einem Tisch und schaut dem Treiben zu. Zeit für ein paar prüfende Fragen. Was würde er tun, wenn ein Transsexueller auf dieselbe Toilette ginge wie eine seiner zwei Töchter?

Audio
«Divided we stand» – Pastor Joe Shakour
aus Echo der Zeit vom 18.08.2016. Bild: SRF
abspielen. Laufzeit 9 Minuten 4 Sekunden.

Er würde die Töchter sofort aus dem WC holen und beschützen. Und was, käme eine Tochter in ein paar Jahren zu ihm und erklärte, sie sei selber transsexuell? «Gott hat Männer und Frauen geschaffen. Wir würden ihr mit der Bibel mit ihrer Verwirrung helfen. Die Wahrscheinlichkeit wäre sehr gering, dass sie tatsächlich mit dem falschen Geschlecht geboren worden wäre. Wir sind mehr besorgt, dass sie ein christliches Leben führt, dass sie ehrlich ist, die Mit-Menschen liebt.»

«Das Problem ist nicht, dass Transsexuelle unterdrückt werden, sondern was in ihren Herzen und Köpfen geschieht. Sie sind auf der Suche. Zum Beispiel Bruce Jenner vom Kardashian-Clan, der kürzlich Caitlyn wurde. Er war in einen Autounfall involviert, bei dem jemand ums Leben kam. Danach hatte er eine Identitätskrise. Nun lese ich in den Medien, dass er gerne wieder ein Mann wäre.»

«Beten alleine reicht nicht mehr»

Joe Shakour schmunzelt. Ja, er liest nicht nur die Bibel, sondern auch die Klatschblätter. Dann wird er ernst: Amerika verliere seine christlichen Werte, die es seit der Gründung aufrechterhalten habe, sagt er. Abtreibung, Schwulenehe oder Transsexualität: In vielen gesellschaftlichen Fragen schlage sein Land die falsche Richtung ein. Beten alleine reiche da nicht mehr.

«In der Bergpredigt heisst es, wir seien das Salz und das Licht. Wir müssen uns als Bürger in die Politik einschalten und uns gegen Trends wehren, die unseren christlichen Grundsätzen widersprechen.»

Beat Soltermann

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Seit 2011 berichtet Beat Soltermann für SRF aus Washington D.C. Zuvor arbeitete er in der SRF-Wirtschaftsredaktion und empfing die Gäste der «Samstagsrundschau».

Kampf gegen die Elite?

Joe Shakour ist besorgt, dass das oberste Verfassungsgericht in Washington die christlichen Werte nicht mehr hochhält. Und die Obama-Regierung greife mit ihren einseitigen Verordnungen immer stärker in die Kompetenzen der einzelnen Bundesstaaten ein, findet er. «Gott ist nicht ein Gott der Unordnung. Aber jetzt haben wir diese Unordnung. Wer macht die Gesetze, und wer legt sie aus? Unsere Demokratie wird immer mehr zu einer Oligarchie, in der die Meinung einer Elite dem Rest der Bevölkerung aufgedrückt wird.»

In Washington verstünden die Einflussreichen und Mächtigen die Menschen in North Carolina nicht. Sie seien keine Hinterwäldler und es gebe keinen Grund für die Eliten, auf sie herabzuschauen. So, wie im Fall des WC-Gesetzes.

Er werde sich weiter dafür einsetzen, damit das Gesetz nicht aufgehoben werde. Der Kampf lohne sich. Die Vereinigten Staaten seien noch immer das beste Land der Welt.

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