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USA-Iran-Krise Washingtons Hochrisiko-Spieler

Der Parkplatz des Pentagon war gestern Sonntag gut besucht – der Militärapparat in Washington befindet sich im Krisenmodus.

Wann und wo schlagen die Iraner zurück? Im Irak, im Libanon, an der Strasse von Hormus? Wie viele Amerikaner werden sterben? Und was tun die USA dann? Die Militärstrategen müssen Dutzende von Eventualitäten durchdenken nach dem Drohnen-Anschlag auf einen Haupt-Exponenten des iranischen Regimes.

Greifbare Folgen der US-Attacke

Bereits wird deutlich, dass der Anschlag greifbare Folgen hat: Iran steigt aus dem Atom-Vertrag aus; Irak wird vielleicht die US-Truppen aus dem Land schicken; das Pentagon stellt den Kampf gegen den IS temporär ein, um sich der eigenen Verteidigung zu widmen; 4000 US-Truppen sind zur Verstärkung auf dem Weg nach Kuwait.

Der frühere US-Verteidigungsminister Chuck Hagel sagte es auf CNN so: «Handlungen haben Folgen, auch unbeabsichtigte, und man denkt bei einem solchen Entscheid immer die zweite und dritte Dimension möglicher Folgen durch. Ich glaube nicht, dass sie das durchgedacht haben.»

Aus anderem Holz geschnitzt als Obama

Die Obama-Regierung, in der Hagel diente, hatte Soleimani auch im Visier, aber entschied sich gegen eine Eliminierung. Doch die Trump-Regierung ist aus anderem Holz geschnitzt.

Aussenminister Mike Pompeo plädiert seit vielen Jahren für einen aggressiveren Kurs gegenüber Iran. Er koordinierte eng im Vorfeld des Anschlags mit Verteidigungsminister Mark Esper, berichtet die Washington Post. Esper ist ein alter Schulkamerad von Pompeo, sie besuchten beide dieselbe Klasse der US-Militärakademie. Auch Vize-Präsident Mike Pence soll den Drohnenanschlag in Bagdad gutgeheissen haben.

Kriegsfalken im Kongress

Sekundiert werden die Kriegsfalken von antreibenden Stimmen im Kongress wie Senator Lindsey Graham. «Stay steady, stay strong», bleibt auf Kurs, ermuntert er die Trump-Regierung. Er ist wohl der einflussreichste Aussenpolitiker im Weissen Haus und spielt oft Golf mit Präsident Trump.

Und da ist natürlich Präsident Trump selber, der den Anschlag auf Soleimani bewilligte. Er gibt sich maximal-aggressiv und droht Iran mit Angriffen auf 52 Ziele im Land, falls sie Vergeltung suchen. Und er droht auch den Irakern mit einer Billionen-Rechnung, falls sie das Gastrecht für die Koalitionstruppen aufheben.

Iran zum Kuschen bringen

Die Kriegsfalken in Washington gehen davon aus, dass die militärische Macht der USA alleine genügt, um Iran zum Kuschen zu bringen. Sie gehen davon aus, dass Iran seine Anhänger in der Region im Griff hat. Und sie gehen davon aus, dass die Iraker letztlich nicht auf den Schutz der US-Truppen verzichten wollen. Ganz einfach: Sie glauben, dass sie letztlich gewinnen, dass sie Irans Einfluss eindämmen können, mit Gewalt.

Isabelle Jacobi

USA-Korrespondentin, SRF

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Nach dem Studium in den USA und in Bern arbeitete Jacobi von 1999 bis 2005 bei Radio SRF. Danach war sie in New York als freie Journalistin tätig. 2008 kehrte sie zu SRF zurück, als Produzentin beim Echo der Zeit, und wurde 2012 Redaktionsleiterin. Seit Sommer 2017 ist Jacobi USA-Korrespondentin in Washington.

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