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USA zum Fall Khashoggi Saudi-Arabien First

Es ist Thanksgiving-Woche in den USA. Und da ist es Tradition, dass der US-Präsident jeweils einen Truthahn begnadigt. Will heissen: Das Tier wird nicht geschlachtet und landet nicht auf den amerikanischen Tellern. Dieses Ritual hat Präsident Trump heute vollzogen.

Nur eine halbe Stunde zuvor hat der Präsident jemanden anderes «begnadigt». Den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman. In einer zweiseitigen Mitteilung schreibt das Weisse Haus, es könnte sein oder auch nicht sein, dass der Kronprinz von der Ermordung Jamal Khashoggis gewusst habe. Die USA würden weiterhin unerschütterlich hinter ihrem Partner Saudi-Arabien stehen. Trump signalisiert, dass er die Saudis wohl nicht bestrafen will.

In den Augen Trumps ein wichtiger Partner

Hat man das Verhalten von Präsident Trump seit der Ermordung von Khashoggi analysiert, erstaunt es nicht, dass er die Saudis laufen lässt. Stets hat er die Wichtigkeit des Landes als Partner im Nahen Osten unterstrichen. Sei es im Bestreben, den Iran als Grossmacht einzudämmen, sei es, weil das Land vor allem im Rüstungsbereich den Amerikanern gute Geschäfte ermöglicht.

Auch die Rolle Saudi-Arabiens als Ölproduzent hat der Präsident immer im Hinterkopf. Und sein Schwiegersohn Jared Kushner pflegt obendrein ein gutes Verhältnis mit dem Kronprinzen, erhofft von ihm Unterstützung im Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern. Mögliche finanzielle Verstrickungen des Trump-Immobilienkonzerns mit Saudi-Arabien seien hier ebenfalls erwähnt.

Geld vor Menschenrechten

Dass der Präsident sich aus all diesen Gründen zurückhält und die Saudis nicht zur Rechenschaft ziehen will, zeigt: Für die Trump-Administration sind Geld, Macht und Einfluss in dieser Sache wichtiger als Moral und Menschenrechte. Viele Experten argumentieren, die USA könnten den Saudis gegenüber durchaus ein Zeichen setzen, ohne gleich die guten Beziehungen zu gefährden. So aber legitimiere er gewissermassen eine abscheuliche Tat eines Alliierten.

Man könnte fast sagen «America First» ermögliche so was wie «Saudi-Arabien First». Und bei all dem ist Donald Trump ganz offensichtlich bereit, dem Kronprinzen Mohammed bin Salman mehr zu glauben als seinem Geheimdienst, dem CIA. Dieser sieht laut Medienberichten den Kronprinzen hinter dem Mord Khashoggis. Es ist ein Déjà-vu eines Präsidenten, der auch rund um die Einmischung Russlands in den Wahlkampf 2016 lange nicht bereit war, seinen Geheimdiensten zu glauben.

Wird jetzt der Kongress aktiv?

Das alles stösst Kongressabgeordneten beider Parteien äussert sauer auf. Sie wollen gegen den Willen des Präsidenten aktiv werden und gegebenenfalls Sanktionen gegen Saudi-Arabien erlassen. Wie weit dieses Vorhaben wirklich gedeihen wird, ist noch unklar. Klar ist: auch hier gibt es ein Déjà-vu. Wegen der Einmischung Russlands in die Wahlen erliess der Kongress Sanktionen. Die Mehrheit war so erdrückend, dass Präsident diese zähneknirschend unterschreiben und in Kraft setzten musste.

Peter Düggeli

USA-Korrespondent, SRF

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SRF-Korrespondent Peter Düggeli arbeitet seit Sommer 2015 in Washington. Er ist seit 2010 bei SRF. Düggeli studierte an der Universität Freiburg Geschichte und Englisch und schloss sein Studium 1999 mit einem Lizenziat ab.

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