Donald Trump nahm kein Blatt vor den Mund: «Ich bin euer Krieger. Ich bin eure Gerechtigkeit. Und für diejenigen, denen Unrecht getan und die betrogen wurden: Ich bin eure Vergeltung!» Trump stand auf einer Bühne im texanischen Waco, als er das sagte.
Neben ihm standen seine Anhänger und schwenkten Schilder, auf denen stand «witch hunt» – «Hexenjagd» – und jubelten. Es war Ende März 2023, Trump war noch nicht einmal Präsidentschaftskandidat, aber spätestens da war klar: Er würde eine zweite Präsidentschaft auch dazu nutzen, Vergeltung zu üben.
Vielsagende Faktenlage
Nun übt er Vergeltung. Und bricht dabei Normen, wie man es sich von ihm gewohnt ist in seiner zweiten Präsidentschaft. Nur diesmal nochmals ein wenig aussergewöhnlicher. Die «New York Times» schreibt in ihrer Analyse lapidar: Um die Tragweite dieser Anklage gegen den ehemaligen FBI-Chef James Comey zu verstehen, reiche es, einfach die Fakten zu rezitieren.
Diese sind in der Tat aussergewöhnlich. Eine frühere Anwältin von Trump, ohne Erfahrung als Staatsanwältin, im Amt seit weniger als einer Woche, erhebt Anklage gegen einen der verhasstesten Gegner des Präsidenten. Sie tat dies «nicht nur auf Trumps direkte Anweisung, sondern auch entgegen der dringenden Empfehlung ihrer Untergebenen und ihres Vorgängers. Dieser war kurz zuvor entlassen worden, weil er Bedenken geäussert hatte, es lägen nicht genügend Beweise für eine Anklage vor», so die «New York Times».
«Die sind alle höllisch schuldig»
Die Zeitung beruft sich dabei auf einen der aussergewöhnlicheren Social Posts des Präsidenten – in einer langen Reihe von aussergewöhnlichen Posts. Dieser enthielt aber tatsächlich eine neue Dimension: «Pam», wandte sich Trump direkt an seine Justizministerin Pam Bondi, «ich habe mehr als 30 Statements und Posts gelesen, die alle sagen, die gleiche alte Geschichte wie letztes Mal, nur Worte, keine Taten. Nichts geschieht. Was ist mit Comey, Adam «Shifty» Schiff, Leticia (damit ist die New Yorker Bundesstaatsanwältin Letitia James gemeint, die Trump in New York vor Gericht gebracht hatte, Anm. d. Red.). Die sind alle höllisch schuldig, aber nichts geschieht!»
Und weiter: «Wir können das nicht länger verschieben, es zerstört unsere Reputation und unsere Glaubwürdigkeit. Sie haben gegen mich zwei Amtsenthebungsverfahren geführt, und mich fünfmal angeklagt. WEGEN NICHTS. DER GERECHTIGKEIT MUSS GENÜGE GETAN WERDEN, JETZT!!!»
«Gerechtigkeit für Amerika» – oder sich selbst?
Trump postete dies am Samstag, 20. September 2025, auf seiner Plattform «Truth Social». Fünf Tage später erhob eine neue Bundesstaatsanwältin Anklage gegen Comey. Trumps Reaktion kam prompt: «JUSTICE IN AMERICA», postete er, wieder auf Truth Social.
Dass er damit Grenzen zwischen Exekutive und Judikative überschreitet und mit seinen Aussagen – den Aussagen des Präsidenten – der Justiz vorgreift, bestreitet Trump: «Ich will da nicht involviert werden», sagte er kurz vor der Anklageerhebung im Oval Office, und er könne nicht sagen, was geschehen würde, da er nichts wisse.
Ist Comey erst der Anfang?
Doch nachdem das Justizdepartement von Trump mit Loyalisten bestückt und kritische Stimmen gefeuert wurden, wächst bei seinen Gegnern die Gewissheit, dass Comey wohl erst der Anfang von Trumps Vergeltung sein könnte.
Trump selbst tut wenig, dies zu zerstreuen: «Es gibt keine Liste», sagte er heute, «aber es werden weitere folgen – ich hoffe, dass weitere folgen.» Es gehe ihm jedoch nicht um Rache, so Trump: «Comey hat gelogen. Es geht um Gerechtigkeit.»