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Verbotene Kunst in Barcelona Auch in Demokratien kann die Zensur zuschlagen

Wenn Kunst unbequem wird, ist der Schritt zur Zensur oft nicht weit. Auch in demokratischen Staaten – wie in Spanien.

Beim Stichwort Zensur denken viele an autoritäre Staaten, die oppositionelle Kunstschaffende zum Verstummen bringen wollen. Denn in demokratischen Staaten sollte die künstlerische Freiheit doch gewährleistet sein. Doch dem ist nicht immer so.

Gerade in Spanien haben in der letzten Zeit einige umstrittene Fälle für Schlagzeilen gesorgt. So etwa in der Madrider Gemeinde Valdemorillo: Nachdem dort die Rechtsaussenpartei Vox in den Gemeinderat eingezogen war, wurde Virginia Woolfs «Orlando» vom Spielplan des Theaters genommen – im Stück wird der Protagonist vom Mann zur Frau.

Obszön, blasphemisch, oder politisch inkorrekt

Aufzuzeigen, wie schnell unbequeme Kunst von der Politik her unter Druck kommen kann, das ist die Mission des «Museu de l'Art Prohibit», des Museums der verbotenen Kunst in Barcelona. Es hat eine stolze Sammlung von rund 200 zensurierten Werken aus verschiedenen Ländern. Es sind Werke, die als obszön, blasphemisch oder politisch inkorrekt taxiert wurden. Und die deshalb aus Ausstellungen verbannt, zurückgezogen oder gar demoliert wurden.

Dass einige Beispiele auch aus Spanien selbst kommen, ist kein Zufall. Je aufgeheizter die politische Stimmung ist, desto eher werden die Auseinandersetzungen auch auf anderen Ebenen ausgetragen.

Das Kunstwerk, das den spanischen Diktator Francisco Franco, täuschend echt, in einem Kühlschrank zeigt.
Legende: Der spanische Diktator Francisco Franco im Kühlschrank: Für dieses Kunstwerk wurde der Künstler Eugenio Merino verklagt. Museu de l'Art Prohibit

Wie etwa beim Fall des Kunstwerks «Always Franco» des spanischen Künstlers Eugenio Merino. Er pferchte eine täuschend echte Figur des Generals Francisco Franco in einen Kühlschrank. Als Sinnbild dafür, dass die spanische Gesellschaft und Politik das Andenken an den Diktator und seine Herrschaft noch immer allzu frisch halte.

Als Merino sein Werk 2012 an der internationalen Kunstmesse ARCO in Madrid zeigte, ging die «Fundación Francisco Franco», eine private Stiftung der Erben des Diktators, gegen den Künstler vor Gericht. Zwar verlor die Stiftung den Prozess. Doch zeige der Fall exemplarisch, dass die künstlerische Freiheit unter Druck sei, sagt Rosa Rodrigo, Direktorin des Museums für verbotenen Kunst.

Wie die Zensur zur Museumsgründung führte

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Ebenfalls an der Madrider Kunstmesse ARCO fiel 2018 ein politisches Kunstwerk des spanischen Künstlers Santiago Sierra der Zensur zum Opfer. Damals liessen die Messeverantwortlichen eines seiner Werke aus der Ausstellung entfernen, weil dieses unter dem Titel «Politische Häftlinge im heutigen Spanien» Fotos von katalanischen Unabhängigkeitskämpfern zeigte. Eine Provokation in den Augen der Verteidiger der nationalen Einheit.

Ein privater Sammler, der katalanische Medienunternehmer Tatxo Benet, hatte das Foto-Kunstwerk kurz zuvor gekauft. Nach der Verbannung des Werks aus der Ausstellung begann Benet, sich für zensurierte Kunst zu interessieren, und kaufte innerhalb von sechs Jahren rund 200 Werke, die nun die Sammlung des «Museu de l'Art Prohibit» ausmachen.

Für grossen Wirbel sorgen häufig auch Werke in religiösem Kontext. So wie das Werk «Con flores a María» der spanischen Künstlerin Charo Corrales. Ein auf den ersten Blick klassisches, barockes Bild der Jungfrau Maria, die jedoch halb nackt ist und sich – das erkennt man bei genauerem Hinsehen – mit der Hand selbst befriedigt.

Als Corrales' Bild 2019 in Córdoba ausgestellt wurde, kam es zum Skandal. «Das Bild kam bei der katholischen Kirche und bei den rechtskonservativen Parteien der Stadt nicht gut an. Sie verlangten, dass es abgehängt wird», so Rosa Rodrigo. Die Aussteller weigerten sich jedoch, worauf ein Besucher in die Galerie eindrang und das Bild kurzerhand mit einem Messer aufschlitzte. Zensur der anderen Art ...

Das Bild von Charo Corrales, das mit einem Messer aufgeschlitzt wurde.
Legende: Mit dem grossen Schnitt mitten durch die Leinwand: das Bild «Con flores a María» der Künstlerin Charo Corrales. Museu de l'Art Prohibit

So, mit dem Schnitt mitten durch die Jungfrau Maria, kaufte es der Sammler Tatxo Benet später. Und so hängt es nun immer noch im Museum der verbotenen Kunst. Als Mahnmal. Und damit als Plädoyer für die Verteidigung der künstlerischen Freiheit.

SRF 4 News, Echo der Zeit, 15,08.2024, 18:00 Uhr;kobt

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