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Verbotene Politwerbung Russland wollte mehr als nur die US-Präsidentenwahl beeinflussen

«Heart of Texas»: Das tönt nach Country-Musik und Cowboy-Romantik und tatsächlich wurden auf dem entsprechenden Facebook-Account gern solche Klischees bedient, sagt der Journalist Casey Michel. Nichts wirklich Dramatisches.

Doch immer häufiger seien auf der Facebookseite offen rechtsradikale Artikel aufgetaucht: «Gegen Ausländer und Flüchtlinge, für ein christliches Texas, jedem Bürger seine Waffe und – falls Hillary Clinton Präsidentin werden sollte – sofort ein unabhängiger Staat Texas», erklärt Michel.

Orchestrierter Protest

Wunschträume einiger versprengter Wirrköpfe, dachte zuerst auch Casey Michel, der sich seit Jahren mit der kleinen texanischen Unabhängigkeitsbewegung auseinandersetzt. «Doch letztes Jahr gelang es den Drahtziehern hinter der Facebook-Seite, in Houston eine anti-muslimische Demonstration zu organisieren. Zum Teil bewaffnet zogen «Heart of Texas»-Fans vor eine neu eröffnete islamische Bibliothek. Das sei dann nicht mehr lustig gewesen», sagt Michel.

Was die selbsternannten Verteidiger eines weissen und christlichen Texas nicht ahnten: Ihr Protestzug wurde von Russland aus orchestriert.

Casey Michel dagegen hatte das schon länger vermutet – aus zwei Gründen: Es gab erstens keinerlei Kontakt-Informationen auf der Facebook-Seite. Eigenartig für eine Gruppe, die doch Mitglieder werben will. Vor allem aber kam Casey Michel, der russisch studiert und eine Weile in Kasachstan gelebt hatte, das Englisch bei «Heart of Texas» ziemlich slawisch vor.

Auch «Heart of Texas» betroffen

Michels Verdacht bestätigte sich vor zwei Monaten, als Facebook fast 500 Seiten vom Netz nehmen musste, weil sie von Russland aus bezahlte politische Werbung enthielten. Das ist in den USA verboten.

Namen wurden zwar keine genannt, aber ein Facebook-Insider bestätigte gegenüber verschiedenen Medien, dass auch «Heart of Texas» dazu gehörte.

Bekannt ist auch, dass eine von Russland aus manipulierte Facebook-Seite sich gezielt an Sympathisanten der schwarzen Bürgerrechtsbewegung «Black Lives Matter» richtete, mit dem Ziel sie zu radikalisieren. Andere bedienten die politische Gegenseite, Neo-Nazis und weisse Rassisten. Einige dieser Accounts sind jetzt gelöscht, andere wohl noch immer online.

Aufklärungsarbeit ist nötig

Umso wichtiger wäre es, mehr zu erfahren über die manipulierten Seiten, findet Casey Michel. Sie bloss vom Netz zu nehmen, genüge nicht. Jetzt müssten Facebook, Twitter, Instagram und Co. die Nutzer der manipulierten Seiten aktiv informieren, wie und von wem sie getäuscht und hintergangen worden waren. Viele wüssten ja noch gar nicht, dass sie sich wegen Falschinformationen aus St. Petersburg zu Aktionen in Houston oder irgend einer anderen amerikanischen Stadt hatten hinreissen lassen.

Da könnte auf die sozialen Medien ziemlich viel Aufklärungsarbeit zu kommen. Alleine «Heart of Texas» haben gegen 250'000 Leute regelmässig gelesen.

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