Mit den Seeräubern am Horn von Afrika hat sich der UNO-Sicherheitsrat schon viele Male beschäftigt – mit den übrigen Erscheinungsformen der Kriminalität auf den Weltmeeren hingegen noch nicht. Dabei hat das Problem inzwischen gewaltige Dimensionen angenommen.
Kriminalität auf hoher See
«Zwei Drittel der Erdoberfläche bestehen aus Wasser. Der allergrösste Teil ist ein weitgehend rechtsfreier Raum, der keinerlei Strafjustiz irgendeines Staates unterworfen ist», berichtete Juri Fedotow den Sicherheitsratsmitgliedern. Fedotow ist Direktor der UNO-Organisation für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität.
Diese Freiheit auf hoher See werde neuerdings von kriminellen Organisationen missbraucht. Dabei gingen die kriminellen Gruppen immer systematischer und raffinierter vor.
Die Herausforderung ist gewaltig. Mit Bestimmtheit geht es bei der internationalen Piraterie um ein kriminelles Geschäft im Umfang von Zig-Milliarden Dollar pro Jahr.
Verbrecher haben kaum etwas zu befürchten
Es fehle generell an der Durchsetzung des Rechtes auf See, klagt Pottengal Mukundan. Er ist Direktor des Seefahrtsbüros der Internationalen Handelskammer und betont, dass die Rechnung für Kriminelle simpel sei: «Die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf See an ihren illegalen Geschäften gehindert werden, ist ungleich geringer als an Land.»
Zwar gibt es seit 1982 die UNO-Seerechtsvereinbarung Unclos, einen der umfangreichsten und kompliziertesten Teile des Völkerrechts. Doch diese Vereinbarung belässt grosse Lücken und ist in Teilen umstritten.
Massnahmen auf allen Ebenen
Die Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates begrüssen es, dass die UNO dem Thema höhere Priorität einräumt. Der französische UNO-Botschafter spricht von einer weltweiten Sicherheitsbedrohung aufgrund der Kriminalität auf hoher See. Der US-Geschäftsträger im UNO-Sicherheitsrat sieht hier einen extrem negativen Begleiteffekt der globalisierten Wirtschaft.
Das Problem ist also erkannt. Doch eine Lösung ist noch weit entfernt. Die Amerikaner verlangen, alle erdenklichen Gegenmassnahmen zu aktivieren. Diplomatische, wirtschaftliche, soziale, militärische, nachrichtendienstliche und strafrechtliche Mittel seien einzusetzen.
Es wartet viel, viel Arbeit
Für mehr polizeiliche und strafrechtliche Zusammenarbeit spricht sich auch Mukundan von der Internationalen Handelskammer aus – zumal Verbrechen auf See stets an Land geahndet werden müssen; in welchem Staat auch immer.
Doch hier wird's bereits verzwickt: Denn niemand drängt sich vor. Viele Länder drücken sich um die Verfolgung, wie sich bei der Seepiraterie in Ostafrika zeigte. Dort musste am Ende in Kenia ein Sondergericht geschaffen werden.
Angesichts der stark zunehmenden Kriminalität auf hoher See brauche es jetzt mehr spezialisierte Gerichte, mehr grenzüberschreitende Netzwerke bei der Strafverfolgung sowie einen regelmässigen Austausch von kompetenten Richtern, fordert UNO-Mann Fedotow.
Es wird klar: Bei der konsequenten Bekämpfung des globalen Problems steht man erst ganz am Anfang.