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Vergangenheitsbewältigung Nazi-Akten in Argentinien sind neu digital einsehbar

Bereits bekannte Akten über nach Argentinien geflüchtete Nationalsozialisten sind nun öffentlich zugänglich.

Worum geht es? In Argentinien sind nun Akten über deutsche NS-Täter, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Argentinien geflohen sind, digital zugänglich. Die Akten waren ab 1992 im argentinischen Nationalarchiv auf Papier einsehbar und sind nun online verfügbar, wie die stellvertretende Kabinettsleitung des Innenministeriums mitteilte. Es sind 1850 Dokumente.

Welche Informationen enthalten die digitalisierten Akten? Die nun einsehbaren Akten und auch andere freigegebene Dokumente würden quasi «Mosaiksteinchen» enthalten, mit denen man sich ein Bild der nationalsozialistischen Täter, der Fluchtwege und der Kontakte machen könne, sagt Holger M. Meding. Er ist Professor für iberische und lateinamerikanische Geschichte an der Uni Köln und beschäftigt sich seit Jahren mit den Hinterlassenschaften von Nazis in Lateinamerika.

Zwei Kisten, vor der schwarzweisse Polizeidokumente liegen
Legende: Eine der Akten, die neu auch digitalisiert einsehbar sind. www.argentina.gob.ar

Woran wird zurzeit geforscht? «Wir machen uns ein Bild davon, wie Ausschleusungen (aus Deutschland, Anmerk. der Red.) funktioniert haben, wie die illegale Migration abgelaufen ist», so Meding. Das Thema der Forschung ist zurzeit: «Wer waren die Schleuser? Wie ist die Finanzierung verlaufen? Inwiefern haben die römisch-katholische Kirche und das Rote Kreuz die Fluchtwege unterstützt? Wie funktionierte die internationale Vertuschung dieser Wege?». Man erfahre durch die Akten auch noch Genaueres, was im Zweiten Weltkrieg wirklich passiert ist, so der Historiker.

Dokumente von 1941 entdeckt

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Vier Männer und eine Frau stehen vor einer geöffneten Kiste und betrachten überrascht, was sich darin befindet
Legende: Die sieben Kisten aus Deutschland waren 1941 beschlagnahmt worden. Reuters/Corte Suprema de Justicia de la Republica Argentina

Insgesamt sieben Kisten mit Dokumenten mit Bezug zum Dritten Reich wurden kürzlich zufällig im Archiv des höchsten Gerichts in Buenos Aires in Argentinien entdeckt. Die Kisten seien von den argentinischen Behörden 1941 konfisziert worden, als sie per Schiff nach Argentinien gebracht wurden. Der Fund wird vorübergehend im Holocaust-Museum in Buenos Aires ausgestellt.

Was ist bereits über die Finanzströme bekannt? Wie Professor Meding sagt, seien die Finanzströme damals in beiden Richtungen verlaufen, von Argentinien nach Deutschland und von Deutschland nach Argentinien, zum Teil auch über Schweizer Banken. «Die Credit Suisse ist eine der Banken, die immer wieder genannt wird. Über sie haben beispielsweise Deutsch-Argentinier Unterstützung nach Deutschland gezahlt.» Dies waren kleine Summen. Über grosse Summen sei in der Vergangenheit nichts gefunden worden. Meding vermutet, dass dies auch nach Einsicht der nun zugänglichen Akten so bleiben wird.

Werden künftig weitere Akten freigegeben? Der argentinische Präsident Javier Milei hat angekündigt, der Geschichtsforschung auch noch weitere Archive und Dokumente zur Verfügung zu stellen. In diesen soll es um die Verbindungen Argentiniens zum Dritten Reich gehen, konkret um Finanzströme, um Fluchthilfe und generell um die Zusammenarbeit.

SRF 4 News, 12.05.2025, 7:18 Uhr ; 

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