Worum geht es? In Argentinien sind nun Akten über deutsche NS-Täter, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Argentinien geflohen sind, digital zugänglich. Die Akten waren ab 1992 im argentinischen Nationalarchiv auf Papier einsehbar und sind nun online verfügbar, wie die stellvertretende Kabinettsleitung des Innenministeriums mitteilte. Es sind 1850 Dokumente.
Welche Informationen enthalten die digitalisierten Akten? Die nun einsehbaren Akten und auch andere freigegebene Dokumente würden quasi «Mosaiksteinchen» enthalten, mit denen man sich ein Bild der nationalsozialistischen Täter, der Fluchtwege und der Kontakte machen könne, sagt Holger M. Meding. Er ist Professor für iberische und lateinamerikanische Geschichte an der Uni Köln und beschäftigt sich seit Jahren mit den Hinterlassenschaften von Nazis in Lateinamerika.
Woran wird zurzeit geforscht? «Wir machen uns ein Bild davon, wie Ausschleusungen (aus Deutschland, Anmerk. der Red.) funktioniert haben, wie die illegale Migration abgelaufen ist», so Meding. Das Thema der Forschung ist zurzeit: «Wer waren die Schleuser? Wie ist die Finanzierung verlaufen? Inwiefern haben die römisch-katholische Kirche und das Rote Kreuz die Fluchtwege unterstützt? Wie funktionierte die internationale Vertuschung dieser Wege?». Man erfahre durch die Akten auch noch Genaueres, was im Zweiten Weltkrieg wirklich passiert ist, so der Historiker.
Was ist bereits über die Finanzströme bekannt? Wie Professor Meding sagt, seien die Finanzströme damals in beiden Richtungen verlaufen, von Argentinien nach Deutschland und von Deutschland nach Argentinien, zum Teil auch über Schweizer Banken. «Die Credit Suisse ist eine der Banken, die immer wieder genannt wird. Über sie haben beispielsweise Deutsch-Argentinier Unterstützung nach Deutschland gezahlt.» Dies waren kleine Summen. Über grosse Summen sei in der Vergangenheit nichts gefunden worden. Meding vermutet, dass dies auch nach Einsicht der nun zugänglichen Akten so bleiben wird.
Werden künftig weitere Akten freigegeben? Der argentinische Präsident Javier Milei hat angekündigt, der Geschichtsforschung auch noch weitere Archive und Dokumente zur Verfügung zu stellen. In diesen soll es um die Verbindungen Argentiniens zum Dritten Reich gehen, konkret um Finanzströme, um Fluchthilfe und generell um die Zusammenarbeit.