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Verhandlungen in Berlin Hoffnung für die Ukraine – oder bloss Trumps Weihnachtswunsch?

Es sind – wieder einmal – Tage beschworener Hoffnung. Seit Sonntag verhandelt der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski in Berlin mit Steve Witkoff, dem Sondergesandten der USA. Es seien «bedeutende Fortschritte» erzielt worden, sagte Witkoff am Sonntagabend. Der finnische Präsident Alexander Stubb erklärte, die Welt sei «einem Friedensabkommen näher als zu irgendeinem Zeitpunkt seit Kriegsbeginn». Heute Abend berät sich Selenski mit Amtskollegen aus europäischen Nato-Staaten.

Gar nicht hoffnungsvoll klingt es aus Moskau. Von den Verhandlungen in Berlin sei «kaum etwas Gutes» zu erwarten, sagte Juri Uschakow, der aussenpolitische Berater von Präsident Wladimir Putin.

Werden sich die Hoffnungen also – wieder einmal – zerschlagen? Oder ist diesmal alles anders?

Der Druck wirkt

Ungebrochen ist der Wunsch von US-Präsident Donald Trump, als Friedensstifter in die Geschichte einzugehen. Er will einen Ukraine-Deal bis Weihnachten und macht Druck auf die Ukraine.

Der Druck wirkt. Selenski hat sich in den vergangenen Tagen zu Zugeständnissen bereit erklärt. Dazu gehören Neuwahlen in der Ukraine und der Verzicht auf den Beitritt zur Nato. Mit beiden Zugeständnissen würde Selenski russische Forderungen erfüllen.

Zugeständnisse, aber noch immer keine Sicherheitsgarantien

Umstritten bleibt, welche ukrainischen Gebiete nach Kriegsende unter russischer Kontrolle blieben. Russland beansprucht die ganze Donbass-Region, also auch Gebiete, die es nach vier Jahren Krieg noch immer nicht hat erobern können. Die Ukraine schlägt als ersten Schritt einen Waffenstillstand entlang der gegenwärtigen Frontlinie vor. Die USA haben als Kompromiss eine entmilitarisierte Sonderwirtschaftszone zwischen ukrainisch und russisch kontrollierten Gebieten in die Verhandlungen gebracht.

Ebenso umstritten bleibt die Frage der Sicherheitszusagen. Zwar ist Selenski bereit, auf einen Beitritt zur Nato zu verzichten. Doch pocht er auf Sicherheitsgarantien in anderer Form. Zumal er überzeugt ist, dass Putin an seinem ursprünglichen Kriegsziel festhält und die gesamte Ukraine unter Kontrolle bringen will. Ohne Sicherheitszusagen westlicher Staaten, so fürchtet Selenski, würde Putin die Kämpfe einige Monate nach einem Waffenstillstand wiederaufnehmen.

Putins Kalkül und Trumps Zeitdruck

Die grosse Unbekannte in den Verhandlungen ist – wieder einmal – Russland, das bezeichnenderweise nicht an den Verhandlungen in Berlin teilnimmt.

Vieles spricht dafür, dass Putin den Krieg fortsetzen wird, selbst wenn ihm Selenski noch weiter entgegenkommt. Schliesslich sind die russischen Truppen auf dem Vormarsch, und Putin kann darauf hoffen, dass der ukrainische Widerstand früher oder später zusammenbrechen wird.

Vielleicht aber, wer weiss, zeigt sich Russland plötzlich kompromissbereit. Vielleicht, weil die EU an ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag entscheiden wird, dass die eingefrorenen russischen Gelder – immerhin 210 Milliarden Euro – der Ukraine als Darlehen zur Verfügung gestellt werden. Vielleicht, weil Putin mit Problemen zu kämpfen hat, die grösser sind als im Westen wahrgenommen.

Jedenfalls wird sich bald zeigen, ob die Hoffnungsbekundungen westlicher Politikerinnen und Politiker gerechtfertigt waren. Oder ob es ihnen vor allem darum ging, Trump mit seinem weihnächtlichen Friedenswunsch nicht zu verärgern.

Sebastian Ramspeck

Internationaler Korrespondent

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Sebastian Ramspeck ist internationaler Korrespondent für SRF. Zuvor war er Korrespondent in Brüssel und arbeitete als Wirtschaftsreporter für das Nachrichtenmagazin «10vor10». Ramspeck studierte Internationale Beziehungen am Graduate Institute in Genf.

Hier finden Sie weitere Artikel von Sebastian Ramspeck und Informationen zu seiner Person.

Tagesschau, 13.12.2025, 19:30 Uhr; wilh

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