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Vermittlung in der Staatskrise «Die Macht des Papstes in Venezuela ist reell»

Papst Franziskus kann sich vorstellen, im Konflikt in Venezuela zu schlichten. Er sei bereit, zwischen dem sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro und dem selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó zu vermitteln. Beide Seiten müssten dies aber wünschen, sagte der Papst. Journalist Mario Galgano glaubt, dass die Mission erfolgreich sein könnte – auch ohne wirtschaftlichen oder militärischen Einfluss des Vatikans.

Mario Galgano

Journalist bei Radio Vatikan

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Der gebürtige Schwyzer Mario Galgano arbeitet seit zwölf Jahren als Journalist für Radio Vatikan. 2017 wurden alle Dienste des Auslandrundfunks des Heiligen Stuhls in Vatican News , das multimediale Medienportal des Vatikanstaates, eingegliedert.

SRF News: Was bringt eine Vermittlung des Papstes beim Konflikt in Venezuela?

Mario Galgano: Als Papst ist man Brückenbauer. Als Pontifex – das ist die offizielle Bezeichnung – will er versuchen, die beiden Seiten zum Gespräch zu bringen. Papst Franziskus hat ganz klar gesagt: Er möchte ein Blutvergiessen vermeiden. Das ist sein zentraler Wunsch im Falle von Venezuela.

Moralische Macht haben Päpste in der Geschichte immer gehabt.

Der Vatikan versuchte schon 2016 in der Venezuelakrise zu vermitteln. Die Regierung lehnte das aber ab. Wieso soll der Papst diesmal Erfolg haben?

Weil Papst Franziskus nicht aufgeben will. Er will versuchen, im Sinne des Volkes Venezuelas und im Sinne des Friedens eine Lösung zu finden. Und wenn es politisch nicht geht, will er, dass man trotzdem nicht aufgibt und weitermacht. Das ist die Linie von Papst Franziskus. Ob es ihm diesmal gelingt, das werden wir in den nächsten Tagen sicherlich noch sehen.

Hat der Papst denn überhaupt ausreichend Macht, um etwas zu bewirken?

Sicherlich hat er keine wirtschaftliche oder militärische Macht. Aber in der Diplomatensprache spricht man auch von der moralischen Macht. Diese haben Päpste in der Geschichte immer gehabt, weil sie als Religionsführer immerhin 1,2 Milliarden Menschen vertreten. In diesem Sinne gibt es schon eine gewisse Machtstellung des Papstes, die eine grosse Bedeutung hat.

Zum Beispiel in Israel oder Kolumbien hat der Vatikan schon eine Vermittlerrolle eingenommen. Was konnte die Kirche dort bewirken?

Immerhin, dass es zu Gesprächen kam. Zum Beispiel gab es dank der Vermittlung von Papst Franziskus zwischen Kuba und den USA offizielle diplomatische Beziehungen. In Israel war es so, dass die palästinensische und die israelische Seite sich im Vatikan getroffen haben.

Alle Regierungen in katholischen Ländern möchten, dass ihre Bürger, die katholisch sind, auf ihrer Seite sind.

Das sind kleine Gesten, die wirtschaftlich und politisch vielleicht keine grosse Bedeutung haben. Aber dank solcher Gesten sind dann doch mindestens die beiden Seiten aufeinander zugegangen und haben miteinander gesprochen. Das ist schon ein erster Schritt, der Papst Franziskus sehr am Herzen liegt.

Sind diese Teilerfolge ausschliesslich das Verdienst des Papstes?

Hinter dem Papst sind ganz viele Mitarbeiter, die mithelfen; das ist die ganze Diplomatie des Heiligen Stuhles, die auch zusammen mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft sehr aktiv in den guten Diensten der Diplomatie ist.

Politisch hat der Papst nur eine beschränkte Macht. Es geht ihm also mehr um einen moralischen Appell. Sehen Sie das auch so?

Das klingt jetzt sehr oberflächlich. Man muss bedenken, dass in Venezuela grosse Teile der Bevölkerung Katholiken sind. Und alle Regierungen in katholischen Ländern möchten, dass ihre Bürger, die katholisch sind, auf ihrer Seite sind. Insofern ist die Macht des Papstes durchaus reell und auch wirkungsreich.

Das Gespräch führte Hans Ineichen.

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