Zum Inhalt springen

Versteckte russische Vermögen Mark Pieth: «Die Schweiz muss die Vorwürfe ernst nehmen»

Die sogenannte Helsinki Commission hat nach einem Hearing der Schweiz vorgeworfen, diese sei eine «Gehilfin Putins». Putin und die ihm nahe stehenden Oligarchen hätten die Schweizer Justiz korrumpiert. Am Meeting zugegen war auch der Schweizer Strafrechts- und Korruptionsexperte Mark Pieth.

Dort nannte er die Schweiz einen der grössten Offshore-Häfen der Welt. Er wies auf die Schlupflöcher im Geldwäschereigesetz hin – unter anderem die fehlende Sorgfaltspflicht für Anwältinnen und Anwälte. Pieth erläutert im Gespräch mit SRF, was der Druck der US-Kommission nun für die Schweiz bedeutet.

Mark Pieth

Geldwäschereiexperte

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Pieth ist emeritierter Strafrechtsprofessor und ein international ausgewiesener Experte für Geldwäscherei. 2016 war er Mitglied eines Expertengremiums, das nach dem Panama-Papers-Skandal der Regierung Panamas Vorschläge für transparentere Finanz- und Rechtssysteme machte. Er hat im Jahr 2022 zusammen mit Kathrin Betz das Buch «Seefahrtnation Schweiz» verfasst.

SRF News: Warum ist die Schweiz den USA ein Dorn im Auge?

Mark Pieth: Das Problem ist, dass Oligarchen und auch andere Interessenten – ich denke an die russische Staatsbank – Gelder in der Schweiz hatten und wir sie nicht finden, weil sie hinter sogenannten Briefkastenfirmen und Konten an Offshore-Orten versteckt sind.

Aus meiner Sicht sind die Vorwürfe (...) nicht einfach so von der Hand zu weisen.

Jene sind von der Schweiz aus organisiert. Das heisst, es wissen nur bestimmte spezialisierte Anwälte oder Anwältinnen wirklich, wer die wirtschaftlich Berechtigten sind und die sind nicht verpflichtet, dem Bund Auskunft zu geben.

Wo müsste Ihrer Meinung nach die Schweiz da ansetzen?

Die Schweiz müsste das entsprechende Anwaltsgesetz oder das Geldwäschegesetz erneut revidieren. Im März 2021 hat man nach einigen Überlegungen das Ganze aber begraben und das war ein Fehler. Das wird man nachholen müssen.

Bundespräsident Ignazio Cassis hat den US-Aussenminister Antony Blinken darauf angesprochen und sein ausdrückliches Missfallen ausgedrückt. Das zeigt, man nimmt die Vorwürfe ernst. Zurecht?

Im Grunde müsste man diese Dinge ernst nehmen und sich überlegen, was daran wahr ist. Aus meiner Sicht sind die Vorwürfe, zu nahe bei den russischen Strafbehörden zu sein und vielleicht sogar korrupt zu sein, nicht einfach so von der Hand zu weisen. Auf der anderen Seite ist eben, dass wir russischen Interessen Obhut gegeben haben, dass wir auch frühere Sanktionen nicht mitgemacht haben. Das ist alles einfach korrekt. All das zeigt, dass man diesbezüglich dünnhäutig ist.

Was heisst das zusammengefasst für die Schweiz in nächster Zeit?

Es kann zunächst einmal heissen, dass die Bundesanwaltschaft ganz genau beobachtet wird. Wenn sie die Fälle, die in der Vergangenheit Schwierigkeiten bereitet haben, nicht aufarbeiten kann, dann wird der Druck stark ansteigen.

die Schweiz solle ihr Geldwäschegesetz noch einmal revidieren.

Möglicherweise würden dann die Rechtshilfebeziehungen zwischen der Schweiz und der USA hinterfragt. Ich gehe davon aus, dass der Druck ganz stark steigen wird, die Schweiz solle ihr Geldwäschegesetz noch einmal revidieren, sodass Beraterinnen oder Anwälte auch unter die Sorgfaltspflichten gestellt werden.

Das Gespräch führte Sabine Gorgé.

Das ist die Aufgabe der Helsinki-Kommission

Box aufklappen Box zuklappen

Die Kommission für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, auch bekannt als U.S. Helsinki Commission, ist eine unabhängige Kommission der US-Regierung. Seit über 45 Jahren überwacht die Kommission die Einhaltung der Helsinki-Vereinbarungen in der 57 Nationen umfassenden OSZE-Region. In der Kommission sitzen prominente Abgeordnete aus dem Senat und dem Repräsentantenhaus sowie Regierungsvertreter.

HeuteMorgen, 06.05.2022, 06:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel