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Videobotschaft von Putin Gegenentwurf zum ESC: Vietnam gewinnt «Intervision Song Contest»

  • Unter Teilnehmern aus mehr als 20 Ländern setzte die internationale Jury des Musikwettbewerbs «Intervision Song Contest» Vietnam auf Platz eins. Platz zwei ging an Kirgistan, Platz drei an Katar.
  • Doch während beim Eurovision Song Contest Politiker keine Rolle spielen, begann die vierstündige Fernsehshow in Moskau mit einer Videobotschaft von Russlands Präsident Wladimir Putin.
  • Vor 11'000 Zuschauern in der Konzerthalle Live Arena stellte er den aus Sowjetzeiten wiederbelebten Wettbewerb Intervision politisch in den Rahmen einer Kultur, die nicht vom Westen beherrscht wird.

Für alle Länder gehe es um eine freie Entwicklung, um eine Bewahrung ihrer Identität, sagte der Kremlchef. «Gerade die Achtung vor traditionellen Werten, zur Vielfalt der Kulturen ist die grundlegende Idee des Wettbewerbs und inspiriert die Teilnehmer, künstlerische Höhen zu erreichen.»

Putin während seiner Videobotschaft vor pompöser Kulisse.
Legende: Putin während seiner Videobotschaft vor pompöser Kulisse. Keystone/YURI KOCHETKOV

Unter den Teilnehmerländern waren frühere Sowjetrepubliken wie Belarus, Kasachstan oder Usbekistan, aber auch mit Russland befreundete Länder in der Staatengruppe Brics wie China, Indien, Brasilien und Südafrika. Für das weltweite Publikum an den Fernsehschirmen wurde auf Russisch, Chinesisch und Englisch moderiert.

Vertreter Saudi-Arabiens
Legende: Vertreter Saudi-Arabiens feiern in Moskau die Vergabe des Intervision Song Contests 2026 nach Saudi-Arabien. Keystone/ MAXIM SHIPENKOV

Intervision sieht aus wie Eurovision

Am ESC hat sich Moskau wegen seines Angriffskrieges gegen die Ukraine schon viermal nicht beteiligen dürfen, und der Intervision Song Contest war ausdrücklich als Gegenveranstaltung angelegt. Dafür fiel das Spektakel erstaunlich ähnlich aus: Einspieler, Sofas für Musiker und Musikerinnen während der Wartezeit, Schalten zwischen Bühne und Interviews, technisch aufwendige digitale Bühnenbilder.

Nur eine Publikumsabstimmung gab es nicht. Was auch fehlte, waren die Verrücktheiten des ESC – doch das war gewollt, denn Moskau steht mit dem bunten und queer-freundlichen europäischen Wettbewerb auf Kriegsfuss. Man wolle, dass die «ursprüngliche Bestimmung des Menschen und seine Identität respektiert und in freien Kontakten zum Tragen kommen», sagte Aussenminister Sergei Lawrow. Vor der Veranstaltung hatte er gesagt, es werde «keine Perversionen und Verhöhnungen der menschlichen Natur» geben.

Dementsprechend brav fielen viele Beiträge aus, eine getragene Powerballade mit Ethno-Elementen reihte sich an die andere. Für die schnelleren Nummern sorgten beispielsweise Brasilien, Kolumbien und Vietnam. Tief empfunden war ein Liebesduett aus Madagaskar.

Russischer Sänger will nicht gewinnen

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Russland schickte den ultranationalistischen Sänger Jaroslaw Dronow alias Shaman mit seinem Lied «Direkt ins Herz» ins Rennen. Bekannt ist der klare Befürworter der Invasion in die Ukraine und Putin-Anhänger vor allem durch das nationalistische Lied «Ja Russki» (deutsch: Ich bin Russe), das wenige Monate nach Kriegsbeginn veröffentlicht wurde. Diese Worte brüllte Shaman nach seinem Auftritt auch laut in die Mikros. Zugleich bat er die Jury, seinen Beitrag nicht zu werten, da er ja das Gastgeberland vertrete.

Die Wiederaufnahme des Intervision Song Contest 2025 sei der Versuch eines politischen Gegenentwurfs des ESC, sagt der australische Historiker Dean Vuletic. «Es geht darum, dass Russland Intervision als Herausforderung für den ESC nutzt und als Symbol für eine konservativere Politik.»

Geopolitische Botschaften seien ebenfalls nicht geduldet. «Das bedeutet keine pro-ukrainische Haltungen – anders als am ESC», sagt Vuletic. Weil die Teilnehmerländer aus der ganzen Welt stammen, sei es schwieriger, die kulturellen Verbindungen für ein Gefühl der Einheit herzustellen.

USA treten doch nicht an

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Unmittelbar vor dem Auftritt der aus Australien stammenden Sängerin Vassy (Vasiliki Karagiorgos), die für die USA angekündigt war, teilten die Moderatoren mit, dass sie doch nicht teilnehmen werde. Die Veranstalter begründeten dies mit einem angeblichen «beispiellosen politischen Druck der australischen Regierung». In der Jury waren die USA mit Rocksänger Joe Lynn Turner den Angaben nach dennoch weiterhin vertreten.

Die Sängerin war bereits eine Ersatzkandidatin. Der zuvor für die USA angekündigte Musiker B Howard (Brandon Howard) hatte am Mittwoch aus «unvorhergesehenen familiären Gründen» seine Teilnahme abgesagt.

Lawrow hatte vor dem Wettbewerb bereits auf eine Fortsetzung im kommenden Jahr gehofft. Vor Bekanntgabe des Sieger-Acts kündigten die Moderatoren bereits an: Im kommenden Jahr soll der Intervision Song Contest in Saudi-Arabien stattfinden.

Tagesschau, 20.09.2025; 19:30 Uhr ; 

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