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Volksgesundheit in Japan Japan hinkt mit den Rauchverboten hinterher

Ein neues Gesetz untersagt in Japan das Rauchen in Restaurants. Doch es gibt einige Schlupflöcher.

Die Stimmung ist ausgelassen im Izakaya. Ein Izakaya ist eine japanische Beiz. Wirt Kosuke Ishii unterhält sich mit den Gästen und stellt eine Platte mit Sashimi (roher Fisch) auf den Tisch, direkt neben die Biergläser und Aschenbecher. Dicke Rauchschwaden hängen im Raum.

Der Rauch störe ihn nicht, sagt Kosuke Ishii. «80 bis 90 Prozent der Kunden rauchen in unserem Restaurant. Sie sind hier um Spass zu haben, es geht nicht nur ums Essen. Sie geniessen den Alkohol und den Tabak.»

Rauchen als Teil der Kultur?

Ishii raucht selbst, zehn Zigaretten im Tag, sagt er, mehr nicht. Vom zukünftigen Rauchverbot in Restaurants hält er nicht viel. «Das ist unsere Kultur. Es ist, als würde man uns den Alkohol verbieten. Übrigens ist Alkohol teilweise noch schädlicher als Rauchen.» Und sogar Smartphones könnten der Gesundheit schaden.

Früher gab es überhaupt keine Einschränkungen. In den letzten vier Jahrzehnten haben wir viel erreicht.
Autor: Bungaku Watanabe Japanischer Rauchverbots-Aktivist

Es sind die gleichen Argumente, die man vor ein paar Jahren auch in Europa hören konnte. Japan sei im Vergleich zu vielen anderen Ländern eben spät dran mit Rauchverboten, sagt Bungaku Watanabe.

Der 82-Jährige setzt sich sein halbes Leben lang für Rauchverbote ein. In den achtziger Jahren kämpfte er noch für Nichtraucherabteile in den Schnellzügen. «Im Jahr 2008 wurden auch Taxis rauchfrei. Früher wurde in den Sumo-Stadien, im Kino und in Sportstadien geraucht. Es gab überhaupt keine Einschränkungen. In den letzten vier Jahrzehnten haben wir viel erreicht.»

Nur die kleinen Restaurants nicht betroffen

Dass nun endlich ein Rauchverbot in Restaurants komme, begrüsst er, obwohl es Ausnahmen gibt: «In Tokio werden rund 90 Prozent der Restaurants komplett rauchfrei sein. Einige Lokale, die nur von einer Person bedient werden, sind vom Verbot aber nicht betroffen.» Auch dürfen Wirte abgetrennte Raucherzonen einführen, wo Gäste hinter Glasscheiben weiterhin rauchen dürfen.

Die Regeln in Tokio strenger sind als jene, die für ganz Japan gelten, und ebenfalls am 1. April in Kraft treten. Das landesweite Rauchverbot hat nämlich noch weitere Schlupflöcher, so darf in kleineren Gaststätten auch nach dem 1. April weiterhin geraucht werden.

Der japanische Staat besitzt ein Drittel der Aktien des Tabakkonzerns Japan Tobacco. Wo sonst gibt es so etwas?
Autor: Bungaku Watanabe Japanischer Rauchverbots-Aktivist

Starker Industriezweig

Die Tabakindustrie sei in Japan eben besonders mächtig, sagt der Anti-Tabak-Aktivist Watanabe, und mit der Politik bestens vernetzt. «Das Grundproblem ist, dass der Staat ein Drittel der Aktien des Tabakkonzerns Japan Tobacco besitzt. Wo sonst gibt es so etwas?»

Es sei kein Wunder, dass die Regierung nur sehr zögerlich handle, ärgert sich Watanabe. Er sieht das neue Gesetz deshalb nur als einen weiteren Schritt in die richtige Richtung, und hofft auf strengere Verbote in der Zukunft.

Zurück im Izakaya von Kosuke Ishii in Tokio. Hier gilt das Rauchverbot ab dem 1. April. Auch, wenn sich das die Gäste noch kaum vorstellen können. «Trinken ohne zu rauchen? Das wäre sehr schmerzlich», sagt dieser Geschäftsmann, Mitte Fünfzig. Seine Kollegen am Tisch nicken.

Wenn Rauchen im Restaurant nicht mehr erlaubt ist, werde er ein Lokal suchen, wo man noch rauchen dürfe, so der Gast: «Wenn ich keins finde, gehe ich direkt nach Hause.»

Rendez-vous vom 30.03.2020

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