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Vom KZ nach Israel Holocaust-Überlebende: «Die Welt sollte sich schämen»

Heute ist der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. Eva Erben wollte weg von den erlebten Gräueltaten. Nun raube die israelische Regierung das friedliche Land, sagt die Holocaust-Überlebende. Es brauche nur einen bösen Menschen, um in einer Gesellschaft eine unglaubliche Wut zu säen.

Eva Erben

Holocaust-Überlebende

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Eva Erben wurde 1930 in der damaligen Tschechoslowakei geboren. 1941 wird sie zuerst nach Theresienstadt und später nach Auschwitz deportiert. Gemeinsam mit ihrem Mann siedelte Eva Erben 1949 nach Israel über, um für ihre Familie eine Zukunft in Frieden aufzubauen. Dieser Frieden wurde durch den Überfall der Hamas am 7. Oktober erneut erschüttert.

SRF News: Als Sie 1949 nach Israel auswanderten, sagte Ihr Mann: «Hier werden wir ein Haus bauen, Bäume pflanzen, Kinder haben, damit unsere Kinder nicht das erleben müssen, was wir erlebt haben.» Stimmen Sie diesem Satz heute noch zu?

Eva Erben: Es ist furchtbar, dass dieser Satz nicht mehr stimmt. Alle meine Kinder, Enkel und sogar ein Urenkel sind in der israelischen Armee. Was ist das für ein Zustand, frage ich mich. Wir wollten das nicht!

Netanjahu verteidigt sich nicht, er zerstört die Lebensgrundlage der Menschen.

1949 kamen wir nach Israel in der Hoffnung auf eine neue, friedliche Zukunft. Als wir ankamen, gab es nur Wüste, kein fliessendes Wasser, keinen Strom. Wir haben dieses Land aufgebaut, für unsere Kinder. Und was macht die israelische Regierung? Sie raubt uns unser friedliches Land.

Sie sind nicht einverstanden mit der israelischen Regierung?

Nein, etwa 85 Prozent der Israelis, mich eingeschlossen, sind mit unserer Regierung nicht einverstanden. Die israelische Regierung ist eine Wunde auf unserer Erde. Netanjahu zerstört Israel. Was die Siedler unserem Land antun, ist nicht in Ordnung. Netanjahu vertritt die Ansicht, dass er sich gegen die Hamas in Gaza zur Wehr setzt. Aber er verteidigt sich nicht, er zerstört die Lebensgrundlage der Menschen. Es muss für uns alle eine Zukunft geben. Was Netanjahu tut, ist sein politisches Überleben zu sichern. Da gibt es keine Menschlichkeit.

alte Frau mit dunklem Haar, spricht in Mikrofon, Hand erhoben.
Legende: Die 93-jährige Eva Erben ist eine der letzten Überlebenden des Holocaust. 1949 wanderte sie nach Israel aus mit der Hoffnung, nie mehr solche Gräueltaten erleben zu müssen. IMAGO / Horst Rudel

Sie sprechen die Situation in Gaza an. Was lösen diese Bilder bei Ihnen aus?

Schrecklich, einfach schrecklich. Die Welt sollte sich schämen, tatenlos zuzusehen. Dieser ganze Hass macht mich traurig. Die Lage der Palästinenserinnen und Palästinenser in Gaza ist katastrophal. Warum tut die internationale Gemeinschaft nichts dagegen? Alles ist voller Hass.

Wie hätte die israelische Regierung ihrer Meinung nach auf die Angriffe vom 7. Oktober reagieren sollen?

Keine Reaktion. Was geschehen ist, ist so unglaublich schrecklich, dass es keine angemessene Reaktion darauf gibt. Unschuldige Menschen wurden abgeschlachtet. Angesichts dieser schrecklichen Taten bleibt mir nur Fassungslosigkeit. Es gibt keine sühnende Reaktion darauf.

Sie haben die Konzentrationslager Theresienstadt und Auschwitz überlebt und erst kürzlich den Terrorangriff der Hamas. Wiederholt sich die Geschichte?

Das ist die grosse Frage. Ich glaube, das Böse überwiegt oft das Gute. Es braucht nur einen bösen Menschen, um in einer Gesellschaft eine unglaubliche Wut zu säen. Hitler hat es geschafft, viele Menschen von seinen Ideen und seinen schrecklichen Taten zu überzeugen. Er war der Architekt des Bösen.

Mit der Liebe kann man weit kommen und vieles vergessen.

Jetzt brauchen wir einen Architekten des Guten, der die Menschen davon überzeugt, dass es genug ist. Es gibt zu viele Gräueltaten, in der Geschichte und in der Gegenwart.

Sie haben im Zweiten Weltkrieg einen grossen Teil Ihrer Familie verloren und sehen, wie im aktuellen Krieg viele Menschen sterben. Was gibt Ihnen Kraft?

Die Liebe. Sie ist die beste Medizin. Mit ihr kann man weit kommen und vieles vergessen.

Das Gespräch führte David Karasek, mitgearbeitet hat Géraldine Jäggi.

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Tagesgespräch, 19.01.2024, 12:30 Uhr ; 

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