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Vor den Midterms USA: Wie heikel ist der Gerichtsprozess für Donald Trump?

Donald Trump hat viele juristische Baustellen, auf einer davon wird es ernst: In den USA beginnt der Prozess gegen die Trump Organization, das Immobilienunternehmen des ehemaligen Präsidenten.

Es geht um den Vorwurf gefälschter Dokumente und Steuerhinterziehung und darum, dass der Bundesstaat New York womöglich betrogen wurde. USA-Expertin Sarah Wagner erklärt, was das für Trump so kurz vor den Midterms, den Zwischenwahlen, bedeuten könnte.

Sarah Wagner

Politologin

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Sarah Wagner ist USA-Expertin und stellvertretende Direktorin bei der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz in Kaiserslautern.

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SRF News: Wie heikel ist der Gerichtsprozess für Trump als Geschäftsmann?

Sarah Wagner: Es laufen sehr viele Verfahren gegen Donald Trump. Solche Verhandlungen vor Gericht belasten Trump und seine Firma natürlich schon: Es geht um enorme finanzielle und zeitliche Ressourcen. Das aktuelle strafrechtliche Verfahren sorgt auch dafür, dass die Trump Organization weitere neue Geschäfte erst einmal auf Eis gelegt hat und sich nur auf die existierenden Immobilien und Geschäfte konzentriert. Wichtig ist: Es ist noch kein Schuldspruch gefallen, es gibt noch keine konkreten Ergebnisse. Es ist also noch vieles offen. Und Trump ist es ja gewohnt, mit den Gerichten in Kontakt zu stehen.

Welche Auswirkungen hat das Gerichtsverfahren auf Trump als Politiker?

Diese Verfahren sind für ihn auch immer Teil einer grösseren Kampagne seiner politischen Gegner. Er bezeichnet diese juristischen Untersuchungen als eine Art Hexenjagd, die politisch motiviert und illegitim sei. Damit mobilisiert er natürlich auch seine Basis. Seine Botschaft: «Ich kämpfe für euch und daher will mich das System ruhigstellen.»

Die Umfragewerte von Trump sind schon lange relativ stabil.

Die negativen Auswirkungen sehe ich bislang als gering an, vor allem, solange kein Schuldspruch fällt. Und da Trump sein Leben lang schon in Gerichtsverfahren verwickelt gewesen ist, ist auch die amerikanische Öffentlichkeit damit vertraut. Zudem sind es oft sehr lange, komplizierte Prozesse. Die Umfragewerte von Trump sind schon lange relativ stabil. Seine Wählerbasis ist loyal.

Also muss sich Trump keine Sorgen machen, dass seine Partei bei den Midterms in zwei Wochen wegen des Prozesses schlechter abschneiden könnte?

Trump ist ja selbst kein Kandidat und in den USA sind momentan andere Themen viel wichtiger, etwa die hohe Inflation. Die Stimmung im Land ist nicht besonders gut. Themen wie das Abtreibungsrecht oder die Kriminalitätsraten spielen eine grosse Rolle. Da gerät der Prozess eher in den Hintergrund.

Die Prozesse sind eine finanzielle Belastung für die Republikaner.

Entscheidend für die Zwischenwahlen ist vielmehr, wer aktuell das Weisse Haus innehat, wie die Umfragewerte des Präsidenten sind. Traditionell verliert die Partei des Präsidenten in den Zwischenwahlen Sitze, insbesondere, wenn dieser nicht so beliebt ist. Die Lage sieht für die Demokraten und Joe Biden generell nicht gut aus. Allerdings sind die Prozesse eine finanzielle Belastung für die Republikaner: Die Kosten werden zum Teil von einer Organisation getragen, die eigentlich Geld für den Wahlkampf ausgeben soll. So wurden im August knapp 4 Millionen Dollar nur für juristische Belange von Trump ausgegeben.

Also hat Trump seine Partei im Griff und kann beruhigt auf die Midterms schauen?

Er hat auf alle Fälle noch eine wichtige Position innerhalb der Partei. Trump hat immer noch einen sehr, sehr grossen Einfluss. Es gibt allerdings auch parteiinterne Herausforderer. Hier wird es spannend sein, wie bestimmte einzelne Rennen ausgehen und wie sich Kandidaten und Kandidatinnen schlagen, die von Trump unterstützt werden. Ob er noch den Zuspruch hat, den er vor einigen Jahren hatte, werden wir sehen.

Das Gespräch führte Isabelle Maissen.

SRF 4 News, 24.10.2022, 07:40 Uhr ; 

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