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Vor der Abstimmung «Katalanen wollen Regierung in Madrid unter Druck setzen»

Den Katalanen gehe es bei der Abstimmung nicht unbedingt um ein zählbares Resultat, sagt SRF-Korrespondent Erwin Schmid.

SRF News: Wie realistisch ist es, dass das Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens überhaupt stattfindet?

Erwin Schmid: Ein Referendum, so wie wir uns das vorstellen, wird es nicht geben. Vor einigen Wahllokalen sind Volksfeste im Gang. Die Leute wollen bis in die Morgenstunden ausharren und verhindern, dass die Polizei die Lokale schliessen kann. Unter diesen Umständen ist nicht denkbar, dass morgen ein zählbares Resultat zustande kommen wird.

Geht es überhaupt um ein zählbares Resultat?

Nicht unbedingt. Es geht den Katalanen darum, Druck zu machen auf die Regierung in Madrid, damit sie endlich mit ihnen zusammen nach einer politischen Lösung für die Katalonien-Frage sucht.

Warum wurde denn bis jetzt keine politische Lösung gefunden?

Dass eine politische Lösung möglich wäre, zeigt ja das Autonomie-Statut von 2006. Dieses Statut wurde aber noch unter der sozialistischen Regierung Zapatero ausgehandelt und dann von der jetzigen konservativen Regierung unter Rajoy gebodigt. Ministerpräsident Rajoy hat mit seiner harten Linie gegenüber Katalonien zwei Wahlen gewonnen und ist nicht bereit, von dieser Linie abzurücken. Das ist auch der Grund, weshalb sich die Katalanen ihrerseits in den letzten Jahren radikalisiert haben. Wären sie 2006 oder 2010 noch mit mehr Autonomie innerhalb Spanien zufrieden gewesen, so fordern sie jetzt die Abstimmung über ihre Eigenständigkeit. Eine politische Lösung liegt deshalb aktuell in sehr, sehr weiter Ferne.

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