- In Portugal hat das konservative Bündnis Aliança Democrática (AD) die vorgezogene Parlamentswahl laut Medienprognosen gewonnen.
- Die AD liegt mit 28 bis 34 Prozent vor der oppositionellen Sozialistischen Partei (PS), verfehlt jedoch die absolute Mehrheit von 116 Parlamentssitzen.
- Die Sozialisten verzeichnen Verluste und kommen nach der Prognose, die auf Nachwahlbefragungen basiert, auf etwa 25 Prozent.
Drittstärkste Kraft ist demnach die rechtspopulistische Chega, die sich von 18 auf 20 bis 24 Prozent verbessern kann. Andere Medien veröffentlichten ähnliche Zahlen und sahen zum Teil Chega sogar gleichauf oder leicht vor den Sozialisten.
Wenn die Stimmenauszählung die Prognosen bestätigen sollte, droht Portugal mit diesem Wahlergebnis wieder eine instabile Minderheitsregierung. Eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten von Chega hatte Ministerpräsident Luís Montenegro von der AD zuletzt weiterhin ausgeschlossen.
-
Bild 1 von 2. Ministerpräsident Luís Montenegro vom konservativen Bündnis Aliança Democrática (AD) gibt seine Stimme ab. Bildquelle: IMAGO/Rita Franca.
-
Bild 2 von 2. Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Portugal zeichnet sich ein knapper Sieg der regierenden Mitte-Rechts-Allianz (AD) ab. Bildquelle: REUTERS/Pedro Rocha.
Es war bereits die dritte vorgezogene Wahl seit 2022. Diese neue Abstimmung war nötig geworden, weil Montenegro im März ein von ihm selbst gestelltes Misstrauensvotum deutlich verloren hatte.
Der 52 Jahre alte Anwalt war von der Opposition aufgrund undurchsichtiger Geschäfte eines Familienunternehmens in Bedrängnis gebracht worden. Alles deutet nun darauf hin, dass die Affäre ihm nicht geschadet hat. Mit ersten aussagekräftigen offiziellen Ergebnissen wird gegen Mitternacht gerechnet.
Wichtige Regierungsgeschäfte auf Eis
Seit der Abstimmungspleite von Montenegro in der Lissabonner «Assembleia da República» hat Portugal nur noch eine geschäftsführende Regierung mit begrenzten Befugnissen. Mehrere wichtige Vorhaben liegen deshalb bis zur Bildung einer neuen Regierung auf Eis. Darunter ist die Privatisierung der Fluggesellschaft TAP, an der unter anderem die Lufthansa interessiert ist.
Der AD-Sieg verspricht zwar Kontinuität. Doch die Gespräche zur Bildung der neuen Regierung dürften – wie 2024 – wieder einige Zeit in Anspruch nehmen. Damit Montenegro von Präsident Marcelo Rebelo de Sousa erneut zum Kandidaten auf den Posten des Regierungschefs ernannt wird, müssen mehrere Parteien, darunter auch die Sozialisten, zusichern, dass sie bei der Abstimmung im Parlament nicht gegen Montenegro votieren werden. Als einziger echter Koalitionspartner kommt für die AD wohl nur die liberale Iniciativa Liberal infrage, die – jedoch mit weitem Abstand – auf Platz vier lag.
Montenegro nicht aus dem Schneider
Bei den Vorwürfen gegen Montenegro geht es um die Firma Spinumviva, die von dem gelernten Juristen 2021 gegründete wurde. Das Beratungsunternehmen soll von der Position des Ministerpräsidenten profitiert haben, um Verträge mit Privatfirmen zu unterzeichnen. Die Opposition sprach von Interessenkonflikten.
Auch wenn dem Wähler die Affäre offenbar weitgehend egal war und im Wahlkampf vor allem Themen wie Einwanderung und Kriminalität im Mittelpunkt standen: Ausgestanden ist diese Affäre für Montenegro wohl noch lange nicht. Es ist davon auszugehen, dass die linksgerichtete Opposition weiterhin auf eine parlamentarische Untersuchungskommission bestehen wird. Nach einer anonymen Anzeige beschäftigt sich auch die Staatsanwaltschaft mit dem Fall.