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Wachsende Kritik «Donald Trump kann man nie abschreiben»

Die von den Republikanern erhoffte «rote Welle» bei den US-Kongresswahlen ist ausgeblieben. Das sorgt in den eigenen Reihen für Kritik an Ex-Präsident Donald Trump. Und diese sei so unverhohlen wie nie, sagt Claudia Brühwiler, Dozentin für Amerikanistik.

Claudia Brühwiler

Politologin

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Die Politologin Claudia Brühwiler ist Dozentin für Amerikanistik an der Universität St. Gallen.

SRF News: Wie steht es aktuell um Donald Trump?

Claudia Brühwiler: Donald Trump ist sicherlich angezählt. Viele der wichtigsten Partei-Exponenten der Republikaner haben sich öffentlich beklagt darüber, dass Trump sie wahrscheinlich den Erfolg im Senat gekostet hat.

Die Kritik an Donald Trump ist so offen wie nie.

Dadurch, dass er sogenannte extreme Kandidaten, die nicht besonders mehrheitsfähig waren, unterstützt hat. Und damit öffnet sich nun das Feld für andere mögliche republikanische Hoffnungsträger.

Was beobachten Sie bei den Republikanern?

Die Kritik an Donald Trump ist so offen wie nie. Wir haben zahlreiche Medien, die sehr wichtig sind für die Republikaner, um Wähler zu mobilisieren, die sich offen gegen ihn ausgesprochen haben. Sie sprechen davon, dass Donald Trump die Vergangenheit der Partei sei und nicht die Zukunft. Wir haben zahlreiche namhafte Republikaner, die sich nun gegen ihn geäussert haben. Parteistrategen, aber auch Finanzierer der Kampagnen, die sagen, er habe ihnen in diesen Zwischenwahlen geschadet.

Sind es nur die Ergebnisse der Midterms, die die Republikaner enttäuschen?

Wahlen muss man gewinnen. In der Politik gilt der Wahlerfolg mehr als alles andere. Und das ist sicher ein Faktor. Aber es sind nicht nur die Midterms, die Trump verloren hat, sondern es ist auch die Präsidentschaftswahl von 2020, wo man für die Republikaner auch den ganzen Kongress verloren hat.

Trump ist jemand, der zu oft verloren hat.

Es sind die Zwischenwahlen von 2018, die er verloren hat. Trump ist quasi jemand, der zu oft verloren hat. Das andere, was den Republikanern zu denken gibt, sind die sogenannten Exit Polls. Das sind die Umfragen unmittelbar nach dem Urnengang, wo auch über 50 Prozent der republikanischen Wähler gesagt haben, sie hätten eine negative Auffassung von Trump.

Für nächste Woche hat Donald Trump «eine grosse Ankündigung» versprochen. Wird er sich zur Wiederwahl stellen? Hat er denn jetzt überhaupt noch Chancen?

Eine grosse Ankündigung wird er wohl liefern müssen, da er sie schon so lange versprochen hat. Die Frage ist: Lässt er sich beeinflussen von Parteistrategen, von Parteioberen und von Finanzierern der Partei?

Die Frage ist: Lässt es seine Selbstliebe zu, dass er zum Wohle der Partei doch nicht antritt?

Und wir wissen, Trump ist sich selbst am liebsten. Ihm geht es nicht unbedingt um das Wohl der Partei oder um das Wohl des Landes, sondern um das Wohl von Trump. Und da ist die Frage: Lässt es seine Selbstliebe zu, dass er zum Wohle der Partei doch nicht antritt?

Was müsste passieren, damit Trump jetzt wirklich noch eine Chance hat als Präsident?

Nun, es sind ja noch zwei Jahre bis zur Wahl und da kann sich wirtschaftlich sehr viel entwickeln. Aber im Moment scheint sein Stern tatsächlich am Sinken zu sein. Vor allem, wenn man sieht, dass sogar die republikanischen Wähler sich nun zu einer Mehrheit gegen Trump aussprechen.

In zwei Jahren kann sehr viel passieren, dass sich die Gunst dann doch wieder für Trump entwickelt

Aber wie gesagt, in zwei Jahren kann sehr viel passieren, dass sich die Gunst dann doch wieder für Trump entwickelt.

Also wir können ihn noch nicht abschreiben?

Trump kann man nie abschreiben. Das ist auch gegen sein Naturell, sich einfach leise und ohne Gefecht zurückzuziehen.

Donald Trumps Gesicht vor einem Kronleuchter
Legende: Trump hat schon jetzt gegen die Favoriten für eine republikanische Präsidentschaftsnachfolge geschossen. Keystone/AP Photo/Andrew Harnik

Das Gespräch führte Christian Rensch.

SRF4 News, 12.11.2022, 10 Uhr ; 

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