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Deutschland schickt nun doch Schützenpanzer in die Ukraine
Aus Tagesschau vom 06.01.2023.
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Waffenhilfe für die Ukraine Deutschland schickt «Marder»-Panzer – und wagt den Tabubruch

Deutschland liefert erstmals Schützenpanzer direkt in die Ukraine. Ein grosser Schritt für die Regierung Scholz.

«Wird er doch noch zum Panzer-Kanzler?», titelt die deutsche «Bild»-Zeitung am Morgen. Gemünzt ist die Frage auf Olaf Scholz, der die Ukraine nach monatelangem Widerstand nun doch mit deutschen Schützenpanzern ausrüsten will. Bisher schien eine direkte Lieferung solcher Panzer an die Ukraine Tabu – obwohl Kiew lange darum gebeten hatte.

Macht sich die «Zeitenwende» im deutsch-russischen Verhältnis, die Kanzler Scholz bei Kriegsausbruch beschworen hatte, nun noch unmittelbarer auf dem Schlachtfeld bemerkbar?

«Marder» markiert Kurswechsel

Stefan Reinhart, SRF-Korrespondent in Berlin, spricht von einem sehr grossen Schritt für die deutsche Regierung. «Bisher hat sich Kanzler Scholz immer dagegen gewehrt, mit westlichen Waffensystemen quasi am Ukraine-Krieg teilzunehmen.»

Übung mit Marder-Panzer an der Elbe in Deutschland (2020)
Legende: Deutschland will den ukrainischen Streitkräften mehrere Dutzend Exemplare des Schützenpanzers Marder liefern, der vor mehr als 50 Jahren für die Bundeswehr entwickelt wurde. Keystone/EPA/Clemens Bilanz

Die Ukraine hatte die westlichen Alliierten und insbesondere Deutschland monatelang um Kampf- und Schützenpanzer gebeten. Scholz hatte immer wieder betont, dass Deutschland in dieser Frage nicht im Alleingang handeln werde und darauf verwiesen, dass bisher kein anderes Nato-Land solche Panzer in die Ukraine geschickt habe.

Tabubruch in der Panzerfrage

Bislang setzte Berlin auf den «Ringtausch»: Osteuropäische Nato-Länder schickten Panzer aus sowjetischer Produktion in die Ukraine, dafür wurden die Länder mit westlicher Technik alimentiert. Jetzt gibt es erstmals eine direkte Lieferung von westlichen Panzern ins Kriegsgebiet.

Der Marder: flink, wendig und flexibel

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Ein Schützenpanzer Marder auf einer Panzerpiste.
Legende: Ein Schützenpanzer Marder der Bundeswehr bei einer Militärübung in Litauen. Keystone/EPA/Valda Kalnina

Der Schützenpanzer Marder des Düsseldorfer Rüstungsunternehmens Rheinmetall gilt als flink, wendig und flexibel. Er wurde im Kalten Krieg konzipiert und ist seit den 1970er-Jahren bei der Bundeswehr im Einsatz. Er kann mit seinen Abwehrwaffen feindliche Infanterie und gepanzerte Fahrzeuge bekämpfen. Sein Wärmebildgerät erlaubt einen Einsatz des Fahrzeugs bei Tag und Nacht sowie unter allen Witterungsbedingungen.

Schützenpanzer gelten nicht als Kampfpanzer. Trotzdem kommen sie an vorderster Front zum Einsatz und bieten einen fast annähernd gleichen Schutz. Soldaten können im Gefecht geschützt durch die Panzerung aus dem Fahrzeug heraus schiessen.

Sicherheitsexperte Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik sieht in der Marder-Lieferung zwar einen substantiellen Beitrag Deutschlands, den man aber auch nicht überschätzen sollte. Kaim gewichtet die politische Bedeutung des Entscheids höher als den militärischen Nutzen, da sich Deutschland lange Zeit gegen die Lieferung sperrte.

Kaim weist auch darauf hin, dass die Marder bei der Bundeswehr nur noch aufgrund der Probleme mit dem Nachfolgemodell Puma im Dienst seien. «Der Marder ist nicht das Neuste vom Neusten.» Dennoch sei der Marder ein Beitrag zur Kriegsführung, vor allem wenn es darum gehe, Infanterie-Operationen durchzuführen.

Scholz machte den Schritt nach einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden publik. Auch Washington liefert nun erstmals Schützenpanzer, und zwar des Typs Bradley, für den Kampf gegen die russischen Angreifer. Berlin stellt der Ukraine zudem ein Patriot-Flugabwehrsystem zur Verfügung.

Biden (links) und Scholz beim G7-Gipfel im Sommer in Deutschland.
Legende: Scholz und Biden bekräftigten in dem Telefonat «ihre unverbrüchliche Solidarität mit der Ukraine und der ukrainischen Bevölkerung im Angesicht der entfesselten Aggression der Russischen Föderation». Im Bild: Biden (links) und Scholz beim G7-Gipfel im Sommer in Deutschland. Keystone/DPA/Michael Kappeler

Dass Deutschland in der Panzerfrage von seinem bisherigen Kurs abweicht, erklärt Reinhart auch mit dem grossen Druck vonseiten seiner Nato-Partner. So hatte der französische Präsident Emmanuel Macron der Ukraine bereits am Mittwoch schwer bewaffnete Spähpanzer zugesagt. Gleichzeitig stellte Biden die Schützenpanzer in Aussicht.

Bradley-Schützenpanzer beim Einsatz im zweiten Irak-Krieg 2006
Legende: Wann die ersten Marder und Schützenpanzer des US-Typs Bradley (im Bild beim Einsatz im Irak-Krieg 2006) in der Ukraine eintreffen werden, steht noch nicht fest. Es werden dann jedenfalls die ersten Schützenpanzer westlicher Bauart sein, die die Ukraine erhält. Keystone/AP/US-Verteidigungsministerium

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski dankte Scholz und Biden für die angekündigten Waffenlieferungen. «Wir werden noch ein Patriot-System und mächtige Panzertechnik bekommen, das ist wirklich ein grosser Sieg für unseren Staat», sagte Selenski in seiner Videoansprache in der Nacht zum Freitag. Auf Twitter bedankte sich Selenski direkt bei der Regierung in Berlin – auf Deutsch:

Abschliessend relativiert der SRF-Korrespondent zwar: Seine letzte Vorsicht bei der Unterstützung der Ukraine lege Deutschland zwar nicht ab. «Denn ein Schützenpanzer ist noch kein Kampfpanzer.»

Schickt Deutschland bald auch Kampfpanzer?

Schützenpanzer sind nicht so schwer bewaffnet wie Kampfpanzer, doch auch sie kommen an vorderster Front zum Einsatz. Der «Marder» kann etwa feindliche Infanterie und gepanzerte Fahrzeuge bekämpfen. Kampfpanzer wie der deutsche Leopard dagegen können auch andere Panzer zerstören oder feindliche Stellungen erobern.

Im Vordergrund zwei Leopard-Kampfpanzer, im Hintergrund ein Marder-Schützenpanzer
Legende: Die «letzte Vorsicht» lässt Berlin augenscheinlich noch nicht fallen: Im Vordergrund zwei Leopard-Kampfpanzer, im Hintergrund ein Marder-Schützenpanzer. Keystone/AP/Detmar Modes

Den letzten Schritt habe Scholz also noch nicht gemacht, schliesst Reinhart. «Die Frage ist, wie gross der Druck wird, auch Kampfpanzer zu liefern.» Aber: «Die Lieferung von Schützenpanzern bleibt ein grosser Schritt für den Kanzler und für Deutschland.»

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Deutschland liefert Schützenpanzer an die Ukraine
aus Rendez-vous vom 06.01.2023. Bild: KEYSTONE/DPA/Julian Stratenschulte
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Heute Morgen, 06.01.2023, 6 Uhr;

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