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Von Charkiw nach Ettingen Ukrainerin in der Schweiz: «Die Unsicherheit belastet»

Obwohl Kseniia Kalinina nach ihrer Flucht aus der Ukraine in die Schweiz viel Glück hatte, ist ihr Leben nicht nur rosarot. Die Unsicherheit macht ihr sehr zu schaffen.

Kseniia Kalinina hat viel Glück: So sind ihr Mann und ihre Schwiegermutter unterdessen in die Schweiz nachgekommen. Sie und ihr Mann haben Jobs gefunden, beide arbeiten als statistische Programmierer in der Pharmabranche.

Kseniia Kalinia im Porträt.
Legende: Kseniia Kalinia hat Angst, neue Freunde zu finden. Wenn sie dann wieder zurückgehen müsste, dann sei es für sie schwierig. SRF/Noëmi Ackermann

Und doch, auf die Frage, wie es ihr gehe, sagt sie: «Auf der einen Seite gut: wir haben einen Job, meine Kinder gehen hier in der Schweiz zur Schule und vor allem sind wir in der Schweiz in Sicherheit. Aber, wir haben eine grosse Ungewissheit.»

Die Schweiz kann jederzeit sagen, ihr könnt nun zurückgehen. Aber wo ist für uns zurück?
Autor: Kseniia Kalinina Flüchtling aus der Ukraine

Kseniia Kalinina und ihre Familie stammen aus Charkiv, in der Ostukraine. Im März ist sie zuerst alleine mit den Kindern in die Schweiz gekommen, später dann ihr Mann und die Schwiegermutter. Sie leben in einer 4.5-Zimmer-Wohnung in der Schweiz.

Ganz einzuleben, getraut sich Kseniia Kalinina aber nicht: «Die Schweiz kann jederzeit sagen, ihr könnt nun zurückgehen. Aber wo ist für uns zurück?» Nach Charkiv kann sie sich nicht vorstellen: zu kaputt sei die Stadt, zu vermint die Umgebung.

Zu viele Regeln, die man befolgen muss

Deswegen getraut sie sich auch nicht wirklich, Freundschaften hier aufzubauen: «Ich habe Angst, neue Freunde zu suchen. Wenn ich nach ein paar Jahren wieder gehen muss, wäre das dann sehr schwierig für mich.»

Trotzdem versucht sich Kseniia Kalinina in der Schweiz möglichst gut einzugliedern: «In der Schweiz gibt es so viele Regeln. Aber wir sind Gäste hier, wir sollten die Regeln kennen und sie auch befolgen.» Sie bringt das Beispiel der Abfalltrennung. «Die Leute erklären uns, wie man Karton und Plastik trennt und entsorgt. Zum Glück sind sie so nett», erzählt Kseniia Kalinina am Küchentisch.

Putin hat die russische Sprache nicht erfunden.
Autor: Kseniia Kalinina Flüchtling aus der Ukraine

Einiges ist aber noch gleich, wie es in Charkiv war. Die Familiensprache ist noch immer russisch. Sie überlege sich zwar immer wieder, ob sie auf Ukrainisch wechseln soll.

Aber russisch sei ihre Muttersprache und: «Putin hat die russische Sprache nicht erfunden. Ich mag diese Sprache wegen ihrer bekannten Autoren wie Tolstoi und Dostojewski. Und Putin spricht schliesslich auch deutsch.» Und dank des russischen sei wenigstens noch etwas, wie es vor dem 24. Februar war, wenn sich sonst schon so vieles geändert hat im Leben von Kseniia Kalinina und ihrer Familie.

Rendez-vous, 21.12.2022, 12:30 Uhr

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