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Wagner-Chef in Belarus Prigoschin meldet sich aus Belarus zurück: Das müssen Sie wissen

Vier Wochen nach dem gescheiterten Aufstand ist ein Video mit dem Wagner-Chef aufgetaucht. Seine Rolle im russischen Ränkespiel bleibt undurchsichtig.

Was ist auf dem Video zu sehen? Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hat sich einen Monat nach seinem Aufstand gegen Moskaus Militärführung erstmals wieder persönlich zu Wort gemeldet. Laut unabhängigen belarussischen Medien sprach er in der Ortschaft Assipowitschy vor seinen Kämpfern und kündigte an, etwa auch in Afrika weiter im Einsatz zu sein. Der 62-Jährige zeigte sich dankbar, dass Belarus die Truppe nach dem Aufstand am 24. Juni «nicht nur wie Helden, sondern auch wie Brüder» aufgenommen habe.

Mutmassliches Aufnahme  von Prigoschin in Belarus
Legende: In dem Video, das Wagner-Kanäle bei Telegram verbreiteten, war Prigoschin in der Dunkelheit zu sehen. Im Hintergrund war der Wagner-Kommandant Dmitri Utkin zu hören. Keystone/AP (Screenshot)

Ist das Video echt? Die Aufnahme wurde bei Anbruch der Nacht gedreht, die Bildqualität ist schlecht. «Aber man sieht einen Mann, der aussieht wie Prigoschin und spricht wie Prigoschin», sagt Calum MacKenzie, Russland-Korrespondent von SRF. Es ist unklar, wann das Video gedreht wurde. Auf Satellitenbildern ist aber zu sehen, dass jüngst viele neue Truppen im mutmasslichen Wagner-Lager in Belarus angekommen sind. Das könnte ein Indiz für die Aktualität dieses Videos sein, schätzt MacKenzie.

Prigoschin an der Beisetzung gefallener Wagner-Soldaten in Moskau am 8. April 2023.
Legende: Prigoschin gibt sich in dem Video trotzig und wiederholt seine Kritik an der russischen Militärführung. Bild: Prigoschin bei einer Beisetzung von Wagner-Soldaten im Frühling dieses Jahres in Moskau. Keystone/AP

Wer ist Dmitri Uktin? Der Wagner-Kommandant Dmitri Utkin stellt sich in dem Video als der «eigentliche Wagner» vor. Er selbst trägt den Übernamen Wagner und ist ein langjähriger Söldner. Utkin gilt als grosser Fan des deutschen Komponisten Richard Wagner, weshalb die Armee so heisst. «Er war im russischen Geheimdienst und ist auch ein notorischer Neonazi», sagt MacKenzie. «Er ist sozusagen der spirituelle Anführer der Wagner-Gruppe.»

Putin hatte zuvor versucht, Wagner zu spalten und bei einem Treffen im Kreml die Wagner-Offiziere gelobt. Währenddessen wurde Prigoschin in den russischen Medien diskreditiert. «Wenn Utkin und Prigoschin noch gemeinsam auftreten, scheint dieser Spaltungsversuch aber noch nicht funktioniert zu haben», so der Russland-Korrespondent.

Undatiertes Bild mit drei Wagner-Soldaten in Mali.
Legende: Es ist im Interesse des Kremls, wenn Wagner weiter in Afrika tätig ist. Die äusserst brutal agierende Gruppe nimmt dort eine zynische, aber wichtige Rolle für die russische Aussenpolitik ein. Undatiertes Bild mit drei Wagner-Soldaten in Mali. Keystone/AP/Französisches Militär

Was macht die Wagner-Gruppe in Belarus?  In den vergangenen Tagen hatte das Verteidigungsministerium in Minsk die Ankunft der Wagner-Kämpfer bestätigt. Dort sollen sie nun die belarussischen Streitkräfte ausbilden. «Wir werden einige Zeit in Belarus bleiben», sagte Prigoschin in dem Video. «Ich bin sicher, dass wir in dieser Zeit die belarussische Armee zur zweiten Armee der Welt machen werden», meinte er. Er selbst hält Wagner für die erste, also beste, Armee der Welt.

Machtkampf in russischer Militärführung

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Calum MacKenzie
Legende: Calum MacKenzie SRF

SRF-Russland-Korrespondent Calum MacKenzie: «Während des Wagner-Aufstands blieb die russische Armee weitgehend untätig. Lange erwarteten Beobachterinnen und Beobachter Konsequenzen dafür. Tatsächlich ist ein renommierter General, Sergej Surowikin, schon lange nicht mehr öffentlich aufgetreten. Das ‹Wall Street Journal› berichtet von Säuberungen in der Armee, Surowikin und andere Offiziere würden zu ihrer Rolle beim Aufstand befragt.

Surowikin galt als Verbündeter Prigoschins, doch seine Luftstreitkräfte haben mehr als alle anderen Einheiten getan, um Wagner zu stoppen. Surowikin wurde auch als möglicher Nachfolger von Walerij Gerassimow gehandelt, dem Generalsstabschef, den Prigoschin heftig kritisiert hatte. Ein anderer General, der Gerassimow und Verteidigungsminister Sergei Schoigu angeprangert hatte, ist jüngst entlassen worden. Der Verdacht liegt nahe, dass Gerassimow und Schoigu diesen Moment nutzen, um ihre vielen Kritiker und Rivalen aus dem Weg zu räumen.

Doch die Kritiker haben einen Punkt: Schoigu und Gerassimow zeigen wenig Kompetenz bei ihrer Strategie in der Ukraine, die russische Armee tut sich seit Beginn schwer. Nun, da die letzten kritischen Stimmen beseitigt werden, könnte diese Inkompetenz noch deutlicher werden. Letztlich ist es ein Symptom des Systems Putin, dass loyale Gefolgsleute wie Schoigu und Gerassimow gefördert werden, auch wenn sie unfähig sind.» 

Was hat Russland vom «Wagner-Exil»? Die russische Regierung wolle Wagner in erster Linie wieder unter Kontrolle bringen, schätzt MacKenzie. «Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko ist ein Vasall Russlands und dort kann der Kreml Wagner gut im Auge behalten.» Langfristig scheine es Moskaus Ziel zu sein, die schlagkräftigen Wagner-Offiziere und Soldaten wieder für sich zu gewinnen und sie in die russische Armee zu integrieren – wohl ohne Prigoschin.

Prigoschin mit seinen Kämpfern in Bachmut, 20. Mai 2023.
Legende: Prigoschin gibt sich in dem Video trotzig und wiederholt seine Kritik am russischen Militär – und damit indirekt auch am Kreml. Bild: Prigoschin mit Wagner-Soldaten in Bachmut (Mai 2023). Keystone/AP/Mediendienst der Wagner-Gruppe

Was ist die Strategie des Kremls? Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bestätigte, dass Präsident Wladimir Putin Prigoschin und die Wagner-Anführer jüngst im Kreml getroffen hat. «Damit will er sagen, dass alles wieder stabil ist und man alles im Griff hat. Der Kreml hat aber bislang nicht wirklich erklären können, wie er mit Prigoschin umgehen will.» Zudem bleibt unklar, ob noch gegen diesen ermittelt wird. Gesichert ist nur, dass gegen Prigoschins Unternehmen vorgegangen wird. «Die Kommunikation mit dem Wagner-Anführer will der Kreml aber offenbar aufrechterhalten.»

SRF 4 News, 21.07.2023, 6:24 Uhr ; 

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