Mahan Abedin ist ein kluger Kopf. Der iranisch-britische Doppelbürger – der auch schon mit Schweizer Wissenschaftlern zusammengearbeitet hat und der im Iran auch schon im Gefängnis sass – weiss, dass er seine Worte mit Bedacht wählen muss. Wie jeder unabhängige Analyst in seinem Heimatland. Doch diesmal fällt es einfach. Der Wahlsieg der «Prinzipalisten», wie die Konservativen und Hardliner hier genannt werden, ist so deutlich, dass kaum Raum für Zwischentöne bleibt. Allein in Teheran, wo bei den letzten Wahlen vor vier Jahren noch alle 30 zu vergebenden Sitze an Moderate und Reformer gegangen waren, gewannen diesmal Kräfte, die den Revolutionsgarden nahestehen.
Genug vom Hickhack
«Das Hauptgewicht dieser Parlamentswahlen lag eindeutig auf einem starken Iran. Das war die Direktive, die von ganz oben kam. Und ein starker Iran bedeutet ein starkes Parlament, und ein starkes Parlament bedeutet ein geeintes Parlament, und nicht eines, in dem verschiedene Kräfte miteinander streiten.»
Die Iraner hätten genug gehabt von dem Hickhack der letzten Jahre, das zu nichts geführt habe, so Abedin. «In den vergangenen Wahlen mögen eine grössere politische Vielfalt und mehr Bürgerbeteiligung Thema gewesen sein. Aber danach ruft momentan kaum jemand.» Zu gross ist die wirtschaftliche Not im Iran. Und die Iraner wissen, dass dafür nicht allein die US-Sanktionen verantwortlich sind. Die Sanktionen haben die Situation unzweifelhaft verschärft.
Aber viele der Probleme sind hausgemacht. «Das Verlangen ist gross, dass endlich jemand die dem Wirtschaftsversagen zugrunde liegenden systemischen Fehler anpackt, also Ineffizienz, Missmanagement und Korruption, sofern sie die wirtschaftliche Seite betrifft.» Ob dies mit einem Parlament gelingt, das dem System der Mullahs ergeben zur Seite steht, darf bezweifelt werden.
Der Iran wird nicht nachgeben
Aussenpolitisch haben diese Wahlen, zu denen fast die Hälfte der ursprünglichen Kandidaten aufgrund meist zweifelhafter Gründe gar nicht antreten durften, ein deutliches Zeichen gesetzt. «Das Wahlresultat soll Irans Gegnern – vor allem den USA – klarmachen, dass der Iran nicht nachgeben wird.» Für Mahan Abedin missverstehen die USA den Iran gründlich, wenn sie glauben, das Verhalten des Iran ändern zu können: «Das ganze Ethos der iranischen Revolution basiert darauf, gegenüber seinen Gegnern nicht nachzugeben. Vor allem, wenn diese solcherart den starken Mann markieren.»
Für Mahan ist Wahrnehmung des Iran durch die gegenwärtige amerikanische Regierung geradezu naiv: «Die wichtigste Botschaft dieses Wahlresultats ist, dass der Iran sehr hart bleiben wird. Falls also die Spannungen abgebaut werden sollen, falls man eine Rückkehr zum Status quo ante – also zum Stand vor dem Rückzug der USA vom Nuklearabkommen anstrebt – dann müssen sich die Amerikaner bewegen, und nicht die Iraner. Das ist die Hauptbotschaft dieser Wahlen.»
Wie diese Botschaft in den USA und im Westen aufgenommen wird, ist eine andere Frage.