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Einschätzungen von SRF-Korrespondentin Bettina Ramseier
Aus Tagesschau vom 01.09.2019.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 54 Sekunden.
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Wahlen im Osten Die AfD lehrt Deutschland das Fürchten

Es ist heiss an diesem Nachmittag Ende August in Lübben. Auf dem Marktplatz der brandenburgischen Kleinstadt spielen Kinder im Brunnen, Eltern und Grosseltern essen Eis, die Stimmung ist friedlich.

In den Cafés am Rande des Platzes sitzen Schaulustige und Zaungäste, als das AfD-Spitzenpersonal einfährt, begleitet von grimmigen, glatzköpfigen Sicherheitsmännern. Die Szene wirkt surreal.

Wenig später werden die AfD-Politiker auf der Bühne aggressiv und polemisch ein Zerrbild der Realität zeichnen, immer in den Grenzen des juristisch Sagbaren. Sie hetzen gegen «so genannte Flüchtlinge», die in Wahrheit «Messerstecher» und «Massenvergewaltiger» seien und Deutschland «islamisieren» wollten.

«Stasi-Methoden wie in der DDR»

Deutschland «unterwerfe» sich, verbiete der eigenen Bevölkerung mit «Stasi-Methoden» den Mund und «unterdrücke» gezielt die Opposition wie damals in der DDR. Spitzenmänner der AfD ziehen verächtlich über die politische Konkurrenz her, minutenlang, es wird persönlich. Die Menschen auf dem Marktplatz jubeln.

Diese Partei ist es also, die nun mehr als jeder vierte in Sachsen und mehr als jeder fünfte Brandenburger gewählt hat. Rund ein Fünftel der AfD-Wähler sind ehemalige NPD-Wähler, die eine vielversprechende neue Heimat gefunden haben. Die übrigen fühlen sich zu Unrecht in die rechte Ecke gedrängt, bloss weil «man mal sagt, was man denkt».

AfD ist zur Volkspartei aufgestiegen

Die Spitzenleute der AfD werden nicht müde, sich selbst als «national-konservativ» zu bezeichnen. Dabei setzen sie fast ausschliesslich auf rassistische Propaganda und nutzen den Riss, der durch die Gesellschaft zu gehen scheint, für ihre Zwecke. Männer wie Andreas Kalbitz, Björn Höcke oder Jörg Urban sind es, die in Interviews Geschmeidigkeit pflegen, vor ihren Anhängern aber zu Brandstiftern werden.

Sie schüren Ängste bei denen, die sich ohnehin benachteiligt fühlen, nicht ernst genommen als «Ossis». Nun haben es die «Ossis» den regierenden Parteien, der CDU in Sachsen und der SPD in Brandenburg, gezeigt. Beide waren seit der Wende an der Macht. Sie bleiben es zwar, aber ihre Zeit als unangefochtene Platzhirsche ist seit heute vorbei. Die AfD ist zur Volkspartei aufgestiegen.

Aufwind für Radikale in der AfD

Daran sind die regierenden Parteien nicht unschuldig. Die Stärke der AfD ist auch deren Schwäche. Die Wählerinnen und Wähler wollten kein «Weiter so». Das Vertrauen in die Regierung, die grossen Herausforderungen der Zeit bewältigen zu können – etwa den bevorstehenden Kohleausstieg oder die Strukturschwäche vieler Regionen – scheint angeschlagen.

Auch über die beiden Bundesländer hinaus ist diese Wahl ein Paukenschlag: Der AfD können weder Spendenskandale, interne Machtkämpfe noch ihre völkische Gesinnung etwas anhaben. Das Resultat muss eine Genugtuung sein für die AfD, und es verleiht jenen in der Partei Aufwind, die für einen radikal rechten Kurs stehen.

Sie sind es, die die AfD in Brandenburg und Sachsen zum Sieg geführt haben. Und sie werden Deutschland auch darüber hinaus das Fürchten lehren.

Bettina Ramseier

Bettina Ramseier

Deutschland-Korrespondentin, SRF

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Bettina Ramseier ist SRF-Korrespondentin in Berlin. Sie ist seit 15 Jahren TV-Journalistin: Zuerst bei TeleZüri, danach als Wirtschaftsredaktorin bei SRF für «ECO», die «Tagesschau» und «10vor10».

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136 Kommentare

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  • Kommentar von Corinne Keller  (Corinne Keller)
    @ Beutler: kann es sein, dass Sie Identitäre mit Reichsbürgern verwechseln? Identitäre haben Bücher zu Hause, nicht Waffen.
  • Kommentar von marlene Zelger  (Marlene Zelger)
    In der Schweiz geht es nicht aners zu und her. Da wird die SVP bewusst geschwächt. Ich wünschte der Schweiz starke Stimmbürger/innen, die sich von den Linken und Netten nicht beeinflussen lassen, und erst recht SVP wählen.
    1. Antwort von Peter Holzer  (Peter Holzer)
      Frau Zelger: Wie versuchen sie ihren Kindern oder Enkelkindern zu erklären, dass Nett sein eine schlechte Eigenschaft ist?

      Mann darf und muss über Themen diskutieren, sollte aber die deutsche Sprache dabei nicht komplett vergessen und Wörter die im Duden seit jahrhunderten klar definiert sind ins Gegenteil umkehren. Danke
    2. Antwort von Ueli von Känel  (uvk)
      marlene Zelger: In meinen jungen Jahren hatte die SVP in führenden Positionen gute, vertrauenswürdige Politiker. Z.B.:Léon Schlumpf, Adolf Ogi und Samuel Schmid (der dann aus verständlichen Gründen zur BdP übergetreten ist). Sie haben eine menschlich-soziale Politik betrieben. Die heutige SVP-Elite trachtet danach, den Sozialstaat auszuhöhlen, die bewährten Bilateralen abschaffen zu lassen und kaum griffigen Umwelt- und Klimaschutz zu betreiben. Die Schwächung der SVP ist die logische Folge.
    3. Antwort von Roger Stahn  (jazz)
      Herr Holzer: Die leicht zu durchschauende und abzulehnende Komponente von »nett«, hat Franz Hohler in seinem Lied «Es si alli so nätt» auf den Punkt gebracht. Es macht durchaus Sinn, unseren Kindern bewusst zu machen, dass man nicht um jeden Preis jemanden unbedingt gefallen muss. Anständig sein ist kein Synonym für nett sein und 'nett' ist erst recht nicht eine Bezeichnung für Wahrhaftigkeit.
    4. Antwort von marlene Zelger  (Marlene Zelger)
      Guten Abend Herr Holzer, leider habe ich weder Kinder noch Enkelkinder. Somit ist es mir nicht möglich diesen zu erklären, dass "Nett sein eine schlechte Eigenschaft" sei. Schönen Abend und mfG.
  • Kommentar von Peter Holzer  (Peter Holzer)
    Lasst die Leite doch die AfD wählen. Lasst die AfD doch Deutschland regieren.

    Spätestens nach 4 Jahren würden die Wähler merken, dass auch die AfD Politiker am Ende ihre eigenen Taschen bester Freund sind. Besonders Harz 4 Empfänger und Randständige werden erfahren müssen, dass es als erstes ihnen an den Kragen gehen wird wenn dort die Gelder gestrichen werden etc.

    Lasst sie doch......
    1. Antwort von marlene Zelger  (Marlene Zelger)
      Vielleicht werden Sie, Herr Holzer, enttäuscht sein, wenn ihre Prophezeiung nicht in Erfüllung geht.
    2. Antwort von Peter Holzer  (Peter Holzer)
      Frau Zelger: wissen Sie, schlussendlich ist es mir egal welche Partei ein Land regiert. Ich habe schon genügend „Machtwechsel“ auf dieser Welt erlebt in welchen die Bürger grosse Hoffnung legten. Am Ende lief es aber immer darauf hinaus, dass jene welche die „Macht“ inne hatten für sich und ihresgleichen schauten statt für den kleinen Mann etwas zu verbessern.

      Auffalend dabei war jeweils, dass jene die am meisten Lärm machten und versprachen, am wenigsten leisteten.