Wie sind die Wahlen in Bosnien-Herzegowina ausgegangen? Die Wahl des dreiköpfigen Staatspräsidiums im Balkanstaat Bosnien-Herzegowina hat den Kroaten in der Herzegowina eine schwere Niederlage beschert. Statt dem jahrelangen Führer der Kroaten Dragan Covic übernimmt nun Zeljko Komsic das höchste Amt von Bosnien-Herzegowina. Dies teilte die staatliche Wahlkommission in Sarajevo mit. Komsic gilt als moderater Politiker der Kroaten. Damit wurde Corvic nicht wiedergewählt.
Wie reagiert Covic auf die Niederlage? Der Unterlegene räumte zwar seine Niederlage ein, drohte aber gleichzeitig, dass nun eine «nie gesehene Krise» möglich sei. Bereits im Wahlkampf hatte der kroatische Nationalist Covic angekündigt, seine Nation wolle im Falle einer Niederlage die politischen Gremien im gesamten Land lahmlegen.
Zwar hätten fast alle Landsleute für ihn gestimmt, begründete Covic seine Position. Doch hätten die Bosniaken den aus Sarajevo stammenden Kroaten Komsic durchgesetzt, der als moderat gilt. «Ihr könnt für die Kroaten nicht deren Präsidenten wählen», sagte Covic mit Blick auf die Bosniaken.
Wer wird die Muslime im Präsidium vertreten? Unspektakulär ist die Wahl des bosniakischen Vertreters im dreiköpfigen Präsidium. Das Rennen machte Sefik Dzaferovic. Seine Partei hatte den Sitz schon bis anhin inne.
Welche Vertretung stellen die Serben? Bei den Serben hat sich der Nationalist Milorad Dodik zum Sieger der Wahl erklärt. Er ist ein bekennender Freund Russlands und Vladimir Putins, steht unter Sanktionen der USA und hat schon mehrmals damit gedroht, er wolle die Republika Srpska - den serbischen Landesteil - vom bosnischen Gesamtstaat abspalten. In seiner Siegesansprache sagte er, jetzt gelte: «Republika Srpska hat Vorrang.»
Letzten Frühling hatten Dodiks Behörden versucht, den Mord an einem jungen Mann zu vertuschen. Die Monate langen Proteste dagegen haben seinen Sieg jetzt aber nicht vereilelt.
Während die beiden Spitzenpolitiker Dzaferovic und Dodik für die Rechte ihres jeweiligen Volkes kämpfen, tritt der Sozialdemokrat Komsic für einen bürgerlichen Staat ein. Der Serbe Dodik, der jetzt in das Staatspräsidium gewählt wurde, steht schon seit 2006 an der Spitze der Teilrepublik Srpska. Dodik hat Bosnien-Herzegowina in der Vergangenheit als «gescheiterten Staat» bezeichnet und will ein Referendum über eine Abspaltung der Teilrepublik Srpska abhalten.
Wie wird das bosnische Parlament in Zukunft aussehen? Obwohl nur etwas über die Hälfte der 3,4 Millionen Wähler an der Abstimmung teilgenommen hatte, dauerte es über fünf Stunden nach Schliessung der Wahllokale, bis die Wahlkommission erste Ergebnisse mitteilte. Resultate für das ebenfalls gewählte Bundesparlament, die Parlamente der beiden fast selbständigen Landesteile und den Präsidenten der Republika Srpska sollen erst im Laufe des Montags folgen, kündigte die Kommission an. Die Wahlbeteiligung lag bei 53 Prozent.
Welche Ethnien sind in Bosnien-Herzegowina vertreten? In Bosnien-Herzegowina machen die muslimischen Bosniaken rund die Hälfte der Bevölkerung aus. Die orthodoxen Serben stellen ein Drittel, die katholischen Kroaten als dritte Volksgruppe rund 15 Prozent. Im Staatspräsidium muss jeweils ein Vertreter aller drei Nationen sein.
In welchem Zustand befindet sich Bosnien-Herzegowina? Das südosteuropäische Land leidet neben dem komplizierten und schlecht funktionierenden politischen System auch unter Armut und hoher Arbeitslosigkeit. Bosnien zählt zudem zu den korruptesten Ländern auf dem Balkan.
Warum hat Bosnien-Herzegowina ein so komplexes politisches System? Der Bürgerkrieg in Ex-Jugoslawien dauerte beinahe ein ganzes Jahrzehnt. Der Bosnien-Krieg allein dauerte dabei von 1992 bis 1995. Der Friedensvertrag von Dayton beendete diesen Konflikt. Darin wurde festgelegt, dass sich Bosnien-Herzegowina künftig aus der serbischen Teilrepublik Srpska und der muslimisch-kroatischen Föderation Bosnien und Herzegowina zusammensetzen soll. Der schwache Bundesstaat Bosnien-Herzegowina wird dabei von einem dreiköpfigen Staatspräsidium vertreten, das mitunter für die Aussen- und Verteidigungspolitik zuständig ist. Die weitaus grösseren Befugnisse – etwa Wirtschaftspolitik, innere Sicherheit und Bildung – liegen bei den weitgehend autonomen Teilentitäten.