Zum Inhalt springen

Wahlen in Israel Israelische Siedler unterstützen Netanjahu

Zum dritten Mal innert eines Jahres kommt es in Israel zu Wahlen. Auch mit Donald Trumps Friedensplan ist die Ausgangslage nicht klarer geworden. Ein Besuch in einer jüdischen Siedlung im Westjordanland.

Wer Miri Maoz Ovadia besuchen will, muss erst viele rote Warnschilder passieren. Die Strasse führt mitten durch Palästinensergebiete. Bei jeder Abzweigung am Wegrand weisen die roten Tafeln darauf hin, dass israelische Bürger hier nicht abbiegen dürfen – wegen Lebensgefahr.

Siedlerin.
Legende: Miri Maoz Ovadia. SRF

Die 32-jährige Miri lebt in Halamisch, einer orthodoxen Siedlung im Westjordanland. Das Dorf mit rund 260 Familien gilt nach internationalem Recht als illegal besetztes Gebiet. Gegründet wurde die Siedlung 1977.

Die dritte Wahl innerhalb eines Jahres

Box aufklappen Box zuklappen

Schon zum dritten Mal binnen eines Jahres gehen die Bürgerinnen und Bürger am Montag an die Urnen, um ein neues Parlament zu wählen. Und wieder wird ein sehr knappes Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem rechtskonservativen Regierungschef Benjamin Netanjahu (Likud) und seinem Herausforderer Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiss erwartet. Zweimal ergaben Wahlen im letzten Jahr ein Patt zwischen dem rechts-religiösen und dem Mitte-Links-Block. Sowohl Netanjahu als auch Gantz scheiterten bei der Regierungsbildung.

Seit dem letzten Urnengang im September gab es zwei Entwicklungen, die sich auf die neue Abstimmung auswirken könnten: US-Präsident Donald Trump hat Ende Januar seinen lange angekündigten Nahost-Plan veröffentlicht, der Israel unter anderem die Annektierung seiner Siedlungen im besetzten Westjordanland sowie des Jordantals erlaubt. Und am selben Tag kam ein zweiter Paukenschlag: Israels Generalstaatsanwalt reichte bei Gericht die Korruptionsanklage gegen Netanjahu ein – die erste gegen einen amtierenden Ministerpräsidenten in Israels Geschichte. (dpa)

In der Siedlung aufgewachsen

Miri Maoz Ovadia ist in Halamisch aufgewachsen. Heute lebt sie mit ihrem Mann und den drei Kindern hier. Seit acht Jahren arbeitet sie für die Regionalverwaltung. Dort ist sie für die Pflege internationaler Kontakte zuständig und gibt den Leuten einen Einblick in das jüdische Leben in der Region.

Ortseingang Halamish.
Legende: Wegweiser beim Eingang zur Siedlung Halamisch. SRF

Heute begrüsst sie die Besucher in ihrem Garten, wo sie gerade ihre kranke Tochter pflegt. Ihr Standpunkt ist klar: «Das ist kein illegal besetztes Gebiet. Wir sind in unser Heimatland zurückgekehrt, welches voller jüdischer Geschichte ist.»

Steine und Molotow-Cocktails

Heute ist es friedlich in Halamisch. Doch die Ruhe trügt. In den vergangenen Jahren ist es immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit den palästinensischen Nachbarn gekommen. Diese sehen sich ihres Gebietes beraubt. Laut Miri fliegen deshalb immer wieder Steine und Molotow-Cocktails.

Eine Lösung für den Nahostkonflikt soll nun der Plan von US-Präsident Donald Trump bringen. Dieser wurde ohne Einbezug der Palästinenser ausgehandelt und sieht vor, dass das Dorf Halamisch und viele weitere Siedlungen offiziell Israel zugesprochen werden. Gleichzeitig würden die palästinensischen Dörfer in der Umgebung Teil eines Palästinenserstaats.

Während Trumps Plan in arabischen Ländern viel Kritik hervorruft, erhofft sich Miri davon Vorteile für Halamisch. «Weil es keine internationale Anerkennung unserer Region als israelisches Territorium gibt, bleiben hier viele Dinge liegen. Wir haben Probleme bei der Wasserversorgung, dem Gesundheitssystem und den Strassen. Dank dem Trump-Plan könnten solche Probleme hoffentlich gelöst werden.» Ausserdem hofft Miri, dass so ein friedliches Zusammenleben in der Region möglich werden könnte.

Auswirkungen auf die Wahlen

Bei den anstehenden Wahlen in Israel – den dritten innert Jahresfrist – will Miri darum auf den rechten Block mit dem bisherigen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu setzen. Von ihm erhofft sie sich am ehesten eine Umsetzung des Trump-Plans in ihrem Sinne.

Frau im Interview.
Legende: Yedada Borow, Einwohnerin von Halamisch. SRF

Viele in Halamisch sehen das gleich, wie eine Umfrage im Dorfladen zeigt. «Ich werde wohl rechts wählen», sagt Yedada Borow. «Wen genau, habe ich aber noch nicht entschieden.» Auch der Rentner Abraham Tzemah will seine Stimme den Rechten geben: «Netanjahu muss Ministerpräsident bleiben. Er ist der Allerbeste – niemand ist wie er!»

Mann im Interview
Legende: Abraham Tzemah, Einwohner von Halamisch. SRF

Nimmt man das Dorf Halamisch als Massstab, dürfte sich auch bei diesen Wahlen in Israel wenig ändern. Die Leute entscheiden sich für jene Parteien, die sie bereits beim letzten Mal gewählt haben. Eine Regierungsbildung wird somit nicht einfacher. Es ist also nicht auszuschliessen, dass bald zum vierten Mal Neuwahlen anstehen.

«Tagesschau» 19:30 Uhr, 01.03.2020; frol; morr

Tagesschau, 1.3.2020, 19:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel