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Wahlen in Israel Netanjahu will mit anti-arabischer Stimmungsmache mobilisieren

  • In Israel sind rund 6,4 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, die 120 Mitglieder der 22. Knesset in Jerusalem zu bestimmen.
  • Mit der Schliessung der Wahllokale um 21 Uhr (MEZ) werden erste Prognosen veröffentlicht.
  • Erste Ergebnisse werden möglicherweise erst am Mittwochmorgen vorliegen. Das endgültige Ergebnis wird etwa eine Woche nach der Wahl vorliegen.

Eine wegweisende Parlamentswahl in Israel wird die Zukunft des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bestimmen. Der 69-Jährige warnte am Dienstag bei der Stimmabgabe in Jerusalem vor einem knappen Ausgang für seine Likud-Partei.

Sein stärkster Herausforderer, Ex-Militärchef Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiss, sagte in einem Wahllokal bei Tel Aviv: «Heute stimmen wir für eine Veränderung. Wir werden Hoffnung bringen, alle gemeinsam, ohne Korruption und ohne Extremismus.»

Angst vor weiterer Pattsituation

Nach der Abstimmung im April war es Netanjahu trotz einer Mehrheit des rechts-religiösen Lagers nicht gelungen, erneut eine Regierung zu bilden.

Nach Umfragen könnte die neue Wahl in einem Patt enden: Auch diesmal ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Likud und Blau-Weiss zu erwarten. Möglicherweise kann weder das rechte noch das Mitte-Links-Lager eine Mehrheit erzielen. Netanjahus Rivale, Ex-Aussenminister Avigdor Lieberman von Israel Beitenu (Unser Haus Israel), gilt in dieser Situation als Königsmacher.

Lieberman macht sich stark für eine grosse Koalition von Likud, Gantz' Blau-Weiss und seiner eigenen Partei, ohne die strengreligiösen Parteien.

Gantz ist dazu aber nur bereit, wenn Netanjahu nicht wieder Regierungschef wird. Als Grund nennt er die Korruptionsvorwürfe gegen den 69-Jährigen, der seit 2009 durchgängig Ministerpräsident ist. Nach einer Anhörung im Oktober droht Netanjahu eine Anklage in drei Korruptionsfällen. Mit Unterstützung einer rechts-religiösen Koalition könnte er versuchen, sich im Parlament Immunität vor Strafverfolgung zu sichern.

Netanjahu mobilisiert Wähler mit anti-arabischer Stimmungsmache

«US-Präsident Trump hat gestern gesagt, dass es ein enges Wahlrennen wird, und ich kann dies heute Morgen bestätigen – es ist sehr knapp», sagte Netanjahu am Dienstag. «Ich rufe alle Bürger Israels dazu auf, zur Wahl zu kommen, so wie ich und meine Frau unsere Stimme abgegeben haben.»

Netanjahu warnte bei Twitter vor hoher Wahlbeteiligung in den «Hochburgen der Linken». Bei den Rechten sei die Beteiligung dagegen «so niedrig wie noch nie». Likud-Anhänger müssten sofort wählen gehen, «oder wir bekommen eine linke Regierung mit den arabischen Parteien», schrieb er. Auch bei vergangenen Wahlen hatte Netanjahu mit anti-arabischer Stimmungsmache seine Wählerschaft mobilisiert.

Politiker der Rechten, wie Ajelet Schaked von Jamina, und der Mitte, wie Jair Lapid von Blau-Weiss, gingen am Dienstag an den Mittelmeerstrand, um Badende zum Gang an die Wahlurne zu drängen.

Eine weitere Wahl will verhindert werden

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Präsident Reuven Rivlin bestimmt nach der Wahl, wer den Auftrag zur Regierungsbildung erhält. Dies ist üblicherweise der Vorsitzende der grössten politischen Kraft. Dieser hat dann vier Wochen Zeit, eine Koalition zu bilden, kann aber danach noch zwei Wochen Verlängerung beantragen. Mit einer neuen Regierung wird frühestens Ende Oktober gerechnet.

Rivlin sagte nach Angaben der Zeitung «Maariv» angesichts der möglichen Pattsituation: «Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um eine weitere Wahl zu verhindern.»

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