Die mit Hochspannung erwartete Parlamentswahl in Italien hat mit einer mässigen Beteiligung der Wähler begonnen. Bis zum Sonntagabend gaben nur 44,9 Prozent der mehr als 50 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimmen für das Abgeordnetenhaus ab, teilte das Innenministerium in Rom mit. Schnee im Norden und Regen im Süden hatten vielerorts einen reibungslosen Ablauf behindert.
Bei der letzten nationalen Wahl 2008 hatte die Beteiligung am Sonntagabend um 19.00 Uhr bei 45,9 Prozent gelegen. In einer Zeit anhaltender tiefer Rezession und drohender Instabilität bestimmen die Italiener beide Kammern ihres Parlaments neu.
SRF-Sonderkorrespondentin Beatrice Müller analysiert die Wahl in Italien. Sie glaubt, dass die Linke nicht ganz so stark eingebrochen ist, wie man es in den letzten Tagen angenommen hat.
Die Finanzmärkte und europäische Politiker befürchten eine Hängepartie ohne klare Mehrheit oder auch eine Rückkehr des umstrittenen Ex-Regierungschefs Silvio Berlusconi.
Grillo mit Schlussspurt
Die Wahllokale waren seit dem Morgen für den zweitägigen Urnengang geöffnet. Schnee und Regen behinderten mancherorts im Norden einen reibungslosen Ablauf. Mit aussagekräftigen Hochrechnungen wird am frühen Montagabend gerechnet.
Starken Auftrieb hatte in der Schlussphase des Wahlkampfs die populistische Protestbewegung «Fünf Sterne» von Beppe Grillo. Sie könnte ein erheblicher Störfaktor bei der Regierungsbildung sein.
Als Favorit gilt das Mitte-Links-Bündnis mit dem Spitzenkandidaten Pier Luigi Bersani. Grillo und das Mitte-Rechts-Lager Berlusconis schienen sich vor dem Urnengang ein Rennen um den zweiten Rang zu liefern.
Kein Kommentar von Monti
Das Bündnis der Mitte des Ex-EU-Kommissars und früheren Regierungschefs Mario Monti droht abgeschlagen zur viertstärksten Kraft zu werden. Dies könnte eine Koalition für eine stabile Regierungsmehrheit erschweren, sollte ein Bündnis notwendig sein.
Der scheidende Regierungschef Monti wählte früh in Mailand, er äusserte sich vor den Journalisten nicht. Bersani gab seine Stimme in Piacenza ab und war dabei vor den Medien zu Scherzen aufgelegt. Auch Berlusconi wählte in Mailand. Dort begrüssten ihn drei Frauen der feministischen Bewegung Femen barbusig und riefen «Basta Berlusconi».
Sie wurden abgeführt. Berlusconi hatte am Samstag noch die Regel gebrochen, wonach die Wahlkämpfer am Tag vor Wahlen schweigen, und erneut Italiens Justiz attackiert, von der er sich verfolgt fühlt.
Unregierbarkeit befürchtet
Finanzmärkte und europäische Politik setzen auf eine Koalition Bersanis mit Monti, die beide den eingeschlagenen Reformkurs fortsetzen wollen. Gegen eine Koalition mit Monti steht der Linksaussen des Mitte-Links-Bündnisses, Nichi Vendola. Berlusconi und Grillo vertreten hingegen deutlicher eine europakritische Haltung.
Die «Schicksalswahl» hat sowohl für das Krisenland Italien als auch für den gesamten Euroraum erhebliche Bedeutung. Die drittgrösste Volkswirtschaft der Euro-Zone braucht eine stabile Regierung, um die tiefe Rezession hinter sich zu lassen. Die Finanzmärkte und etliche europäische Politiker befürchten angesichts eines möglichen Patts der verschiedenen Bündnisse im Senat eine Unregierbarkeit des Landes.
Der parteilose Regierungschef und frühere EU-Kommissar Mario Monti war im Dezember zurückgetreten. Staatschef Giorgio Napolitano hatte daraufhin das Parlament aufgelöst, die Parlamentswahl wurde leicht vorgezogen. Sie findet damit, für Italien unüblich, im Winter statt.
Die Wahllokale, am Sonntag bis 22.00 Uhr geöffnet, machen am Montag von 07.00 bis 15.00 Uhr wieder auf. In der Lombardei sowie den Regionen Latium und Molise gibt es gleichzeitig Regionalwahlen.
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