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Wahlen in Kolumbien Präsident Iván Duque – im Wahlkampf ergraut

Noch vor Kurzem kannte den künftigen Präsidenten Kolumbiens kaum jemand. Doch dann kürte der ultrarechte Ex-Präsident Alvaro Uribe den 41-jährigen Iván Duque zu seinem Wunschkandidaten. Das genügte, um die Wähler zu überzeugen. Nun wird Duque beweisen müssen, dass er keine Marionette seines politischen Ziehvaters ist.

Die Wahlen sind schon jetzt historisch: Zum ersten Mal seit mehr als fünfzig Jahren mussten die Wähler keine Angst vor Anschlägen haben. Erstmals wurde eine Frau zur Vizepräsidentin gekürt. Und: Noch nie zuvor erreichte die Linke so viele Stimmen. Daher wertete der gescheiterte Kandidat Gustavo Petro die Niederlage auch nicht als Misserfolg – sondern als Durchbruch.

Das Friedensabkommen am liebsten «in Stücke reissen»

Links galt lange als guerilla-affin und als nicht wählbar. Nun ist es dem Bündnis Colombia Humana mit einem linken Parteiprogramm gelungen, die Führung der Opposition zu übernehmen. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass die Partei der ehemaligen FARC-Guerilla im März bei den Parlamentswahlen abgestraft wurde. Sie wäre gar zu politischer Bedeutungslosigkeit verdammt, gäbe es nicht die Klauseln im Friedensvertrag, die den ehemaligen Guerilleros sogar Parlamentssitze zusichern.

Iván Duque ist genau das ein Dorn im Auge. Er kritisiert die politische Beteiligung der ehemaligen Kämpfer und fordert härtere Strafen. Vor Beginn des Wahlkampfs sagte er, dass er das Friedensabkommen am liebsten «in Stücke reissen» würde. In den letzten Monaten gab er vorsichtigere Töne von sich. Doch: Welcher ist der echte Duque? Der gemässigte Stimmenfänger aus dem Wahlkampf? Oder der Hardliner von zuvor?

Warum Duque graue Haare hat

Die Sorge, dass ehemalige Kämpfer wieder zu den Waffen greifen könnten, wenn das Friedensabkommen angetastet würde, ist begründet. Schon jetzt sind bis zu 1200 ehemalige FARC-Guerilleros aus Misstrauen gegenüber der Regierung wieder in den Untergrund zurück gekehrt.

Bei seiner ersten Ansprache als gewählter Präsident gab Duque sich jedoch versöhnlich. Er weiss: Mehr als 40 Prozent der Kolumbianer lehnen seine Politik ab. Sie werden sehr genau beobachten, ob er wirklich wie versprochen die soziale Ungleichheit bekämpft, das marode Gesundheitssystem vom Kopf auf die Füsse stellt und wie es mit dem Friedensprozess weiter geht.

Graue Haare wird all das Iván Duque jedoch nicht verschaffen. Die hat er bereits: Angeblich extra gefärbt für den Wahlkampf, um erfahrener zu wirken.

Karen Naundorf

Südamerika-Korrespondentin

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Karen Naundorf ist SRF-Korrespondentin in Südamerika, Standort Buenos Aires. Sie hat in Berlin und Barcelona Kommunikation studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg absolviert und ist Fellow des Pulitzer Center on Crisis Reporting.

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