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Wahlen in Serbien Der Sieger kann nur Vucic heissen

Die Ausgangslage: In Serbien wählen die knapp sieben Millionen wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger heute ein neues Parlament, sowie lokale Vertretungen. Die Wahl hätte schon am 26. April stattfinden sollen, wurde aber wegen der Corona-Pandemie verschoben. Meinungsforscher prognostizieren einen Sieg der rechtsnationalen Serbischen Fortschrittspartei SNS von Präsident Aleksandar Vucic. Kritiker werfen Vucic vor, seit Jahren autoritär über das Land zu herrschen. Ein Teil der demokratischen Opposition boykottiert deshalb den Urnengang.

Der sichere Sieger: «Ein Sieg der SNS steht praktisch fest , alles andere wäre eine Überraschung», sagt SRF-Auslandredaktor Christoph Wüthrich. Das habe unter anderem damit zu tun , dass die Opposition sehr schwach und auf viele Parteien zersplittert sei – mit Parteiführern mit grossen Egos, die wenig beliebt sind und die ein sehr breites Band abdecken – von rechts aussen bis sehr liberal, von russlandfreundlich bis proeuropäisch.

Der sichere Verlierer: Die Opposition hat einen schlechten Ruf. Vertreter der Opposition haben in den Nullerjahren krumme Geschäfte gedreht. Präsident Vucic und seine SNS reiten seit Jahren konstant auf diesen Geschichten herum. Dazu kommt: Fast alle Medien in Serbien sind inzwischen unter Kontrolle von Präsident Vucic. Nur eine Tageszeitung und ein Fernsehsender sind übrig geblieben, und die sind nicht im ganzen Land empfangbar. Die Opposition glaube zu Recht, so Wüthrich, «dass unter diesen Umständen freie und faire Wahlen nicht möglich sind». Solange von aussen – von den USA und der EU – hier Vucic unterstützt werde und solange diese beiden Faktoren die Legitimität der Wahlen anerkenne, habe die Opposition keine Chance.

Die Unterstützer von aussen: Die USA und die EU glauben, dass Vucic der Mann ist, der für sie den Kosovo-Konflikt lösen wird. Die Opposition war nicht imstande, den Konflikt zu lösen. Christoph Wüthrich sagt: «In Washington und in Brüssel glaubt man, dass Vucic als Nationalist eine Einigung der Bevölkerung verkaufen kann, dass er als Nationalist weniger schnell in den Ruf eines Landesverräter kommt, wenn er bei einer Einigung die Unabhängigkeit des Kosovo, der ehemaligen serbischen Provinz, anerkennt.»

US-Präsident Trump höchstpersönlich hat den umstrittenen ehemaligen US-Botschafter in Berlin, Richard Kühnel, beauftragt, einen Deal zwischen Serbien und Kosovo auszuhandeln, so dass er Trump vor den Präsidentenwahlen in den USA im Herbst medienwirksam würde.

SRF 4 News, 21.06.2020; 03:00 Uhr ; 

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