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Waldbrände in der Arktis «Gleich viel CO2 wie Belgien in einem Jahr»

Durch zahlreiche Waldbrände in der Arktis sind Regionen in Kanada, Alaska und Sibirien betroffen. In den Sommermonaten zwar keine Seltenheit, haben die Brände dieses Jahr besonders früh begonnen und brennen überdurchschnittlich stark. Die Luftverschmutzung sei immens, weiss ETH-Professor Harald Bugmann.

Harald Bugmann

Professor für Waldökologie an der ETH Zürich

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Von 1999 bis 2004 war Bugmann Assistenzprofessor für Gebirgswaldökologie. Seit Oktober 2004 ist er ausserordentlicher Professor für Waldökologie an der ETH Zürich.

SRF News: Wie sind die diesjährigen Waldbrände einzuordnen?

Harald Bugmann: Die Satellitendaten zeigen uns, dass es weit über hundert Brände gibt, was viel mehr ist als sonst. Die betroffene Fläche können wir im Moment aber noch nicht abschätzen, weil der Rauch die Sicht des Satelliten auf die Erdoberfläche verhindert.

Die Brände wüten vor allem in Alaska, Kanada, Sibirien und sogar auf Grönland. Viele sind nördlich des Polarkreises, was sehr ungewöhnlich ist. Einige der Feuer sind grösser als tausend Quadratkilometer. Das ist ein Kreis mit einem Durchmesser von 35 Kilometern, also die Distanz zwischen Bern und Solothurn.

Wieso fallen die Brände dieses Jahr so heftig aus?

Normalerweise finden solche Brände im Juli und August statt und dauern nur einige Tage. Doch 2019 haben wir den trockensten Juni seit Beginn der Messungen vor mehr als hundert Jahren erlebt.

Was bedeuten die Brände für die Menschen und Tiere in der Gegend?

Lebewesen und die Ökosysteme sind dort grundsätzlich an sie angepasst. Für die Natur ist das keine Katastrophe. Auch nicht, wenn es einmal wesentlich mehr brennt als in den anderen Jahren.

Städte wie Krasnojarsk und Nowosibirsk in Sibirien leiden stark unter der atmosphärischen Belastung.

Für den Menschen sind die Brände aber manchmal ein Problem. Einerseits wenn Siedlungen abbrennen, wie wir das in den letzten Jahren gesehen haben. Die Brände finden aber vor allem dort statt, wo es praktisch keine Menschen gibt. Ein anderes Problem sind die Schadstoffe in der Luft. Im Moment leiden beispielsweise die Städte Krasnojarsk und Nowosibirsk in Sibirien stark unter der atmosphärischen Belastung.

Welche Auswirkungen hat die Schadstoffbelastung in der Atmosphäre?

Bisher wurden ungefähr hundert Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre freigesetzt, das entspricht den jährlichen Emissionen eines Landes wie Belgien. Die Brände verstärken den Treibhauseffekt durch die zusätzliche Freisetzung von Treibhausgasen.

Ausserdem führt die Ablagerung von Ascheteilchen auf den weissen Flächen der Arktis dazu, dass diese dunkler werden und mehr Sonnenstrahlung absorbieren. Das ist etwa so, wie wenn wir im Sommer ein schwarzes anstatt ein weisses T-Shirt tragen würden. Es ist wesentlich heisser für uns. Das Schmelzen des Eises geht noch rascher vor sich und führt zur Offenlegung von mehr Land, was den Treibhauseffekt weiter verstärkt.

Das Gespräch führte Janis Fahrländer.

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