- Die EU-Kommission hat wegen der polnischen Justizreform wie angekündigt ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.
- Die Regierung in Warschau hat nun einen Monat Zeit, darauf zu reagieren.
- Anlass für das Verfahren seien Befürchtungen, dass mit der Reform die Unabhängigkeit der Justiz in Polen untergraben werde.
Die polnische Regierung habe einen Monat Zeit, um auf das Warnschreiben zu antworten, teilte die EU-Kommission auf Twitter mit. Sie meldete erneut mehrere Kritikpunkte an der Justizreform an. Ein Vertragsverletzungsverfahren kann zu einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und Geldstrafen führen.
Polen verneint
Die polnische Präsidentschaft verwahrte sich gegen die Kritik aus Brüssel. Die Organisation der Gerichte sei Sache der Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission daher nicht zuständig, erklärte der Stabschef von Präsident Duda, Krzysztof Szczerski. Die EU-Kommission begebe sich mit dem Vertragsverletzungsverfahren in eine Sackgasse.
Auch der polnische Europaminister Konrad Szymanski wies das Verfahren als «unbegründet» zurück. Der Politiker der nationalkonservativen Regierungspartei PiS sagte, das von Brüssel kritisierte Gesetz über die allgemeine Gerichtsbarkeit garantiere alle Prozessrechte und ermögliche die Einlegung von Rechtsmitteln.
Richter entmachtet
Die regierende PiS-Partei hatte in den vergangenen Wochen in Polen vier Gesetze verabschiedet, die nach Ansicht der EU-Kommission Rechtsstaat und Gewaltenteilung in dem ostmitteleuropäischen Mitgliedsland bedrohen.
Ein Gesetz über die Landesjustizschule war schon Anfang Juni in Kraft getreten. Gegen zwei Gesetze zur Reform des Obersten Gerichtes und des Landesrichterrats (KRS) legte Staatspräsident Andrzej Duda am Montag sein Veto ein.
Dagegen unterzeichnete Duda am Dienstag ein Gesetz zur Reform der allgemeinen Gerichte. Demnach kann der Justizminister unter anderem Gerichtspräsidenten ernennen oder abberufen.