Waren Bürgerkriegsopfer in Syrien bereits vor dem Erdbeben auf halbe Essensrationen gesetzt, drohen nun noch grössere Engpässe. Die Direktorin des UNO-Welternährungsprogramms WFP für den Nahen Osten, Corinne Fleischer, fordert mehr Geld und Zugang zu allen Erdbebengebieten.
Schwierige Lage schon vor dem Erdbeben in Syrien
«Politik hat in einer Naturkatastrophe keinen Platz», sagt Fleischer in der Sendung «Tagesgespräch» von Radio SRF. Von den Konfliktparteien im syrischen Bürgerkrieg verlangt sie Zugang zur Katastrophenregion im Nordwesten des Landes.
Mehr als 48'000 Tote
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Das verheerende Erdbeben in der Türkei und Syrien war nach Angaben der Vereinten Nationen nicht nur nach Todesopfern das schlimmste in der türkischen Geschichte. Auch die Berge an Schutt und Geröll seien beispiellos, sagte Louisa Vinton, die Vertreterin des UNO-Entwicklungsprogramms (UNDP) in der Türkei in einem UNO-Briefing in Genf. Tausende weitere Opfer und Schäden gab es in Syrien.
Vinton bezog sich nur auf die Türkei. Die Behörden hätten inzwischen 70 Prozent der 927'000 in Mitleidenschaft gezogenen Gebäude inspiziert. 118'000 davon seien eingestürzt oder so beschädigt, dass sie abgerissen werden müssten.
Die Vereinten Nationen fürchten die Ausbreitung von Krankheiten. Sie hätten unter anderem Abfallcontainer und Desinfektionsmittel in die betroffene Region in der Türkei geschickt. Dringend benötigt würden tragbare Toiletten. 1,5 Millionen Menschen seien obdachlos geworden.
Derweil ist die Zahl der Todesopfer in der Türkei auf 42'310 gestiegen. Das teilte die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad mit. In Syrien sind bisher rund 5900 Tote im Zusammenhang mit den verheerenden Beben am 6. Februar gezählt worden.
Die Zahlen werden nur noch unregelmässig aktualisiert. Nach zwei weiteren starken Beben in der südosttürkischen Provinz Hatay am Montagabend wurden aus der Türkei sechs, aus Syrien fünf Tote gemeldet. Insgesamt sind damit in beiden Ländern infolge der Erdbeben mehr als 48'000 Menschen ums Leben gekommen. Afad zufolge wurden mehr als 7000 Nachbeben aufgezeichnet.
Das Erdbeben in Syrien sei eine Katastrophe in der bestehenden Katastrophe des Kriegs. Das UNO-Welternährungsprogramm unterstütze in dem Land aktuell 5.5 Millionen Menschen. Diese würden bereits jetzt lediglich die Hälfte der eigentlich vorgesehenen Ration von 2100 Kalorien pro Kopf und Tag erhalten.
Für mehr fehle schlicht das Geld. Die Lebensmittelpreise seien um ein Drittel gestiegen, was die Zahl der Bedürftigen weltweit ansteigen liess, erklärt die Direktorin.
Über 500 Millionen US-Dollar zusätzlich benötigt
Die zusätzlich wegen des Erdbebens benötigten Mittel beziffert Fleischer gegenüber Radio SRF auf 450 Millionen US-Dollar für Syrien und auf 80 Millionen für die Türkei. Dieses Geld fehlt dem UNO-Welternährungsprogramm.
Wenn die zusätzlich benötigten 530 Millionen US-Dollar nicht bis im Juli zusammenkommen, müssten die Essensrationen des UNO-Welternährungsprogramms im Erdbebengebiet auf 30 Prozent zusammengestrichen werden, warnt Fleischer.
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