Es war eine kleine Bombe, die der österreichische Aussenminister Alexander Schallenberg heute an seiner Medienkonferenz platzen liess: «Ab Donnerstag werden die Corona-bedingten Grenz- und Gesundheitskontrollen gegenüber sieben Nachbarstaaten aufgehoben. Das sind Deutschland, Liechtenstein, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik und Ungarn.»
Bundesrat lässt sich Zeit
Auch der Bundesrat wurde von dieser Nachricht offenbar überrascht. Erst am 12. Mai hatten Österreich, die Schweiz, Deutschland und Frankreich die Grenzöffnung am 15. Juni beschlossen. Vor wenigen Tagen war Bundesrätin Karin Keller-Sutter zu Gesprächen mit dem österreichischen Innenminister Karl Neehammer in Wien. Dabei war eine Vorverschiebung der Grenzöffnung offenbar kein Thema. Trotzdem lässt sich die Schweizer Regierung durch die eiligen Österreicher nicht drängen.
Die vollständige Grenzöffnung zu Österreich, Deutschland und Frankreich werde wie vorgesehen am 15. Juni vollzogen, teilte das Staatssekretariat für Migration (SEM) mit. Die Schweiz, Österreich und Deutschland hatten bereits am 16. Mai eine Reihe von Lockerungen im Grenzverkehr zwischen den drei Ländern in Kraft gesetzt.
Die Grenzübergänge zwischen der Schweiz und Österreich sind seither geöffnet; es finden lediglich risikobasierte, aber keine systematischen Grenzkontrollen mehr statt. Seit dem 16. Mai gelten auch keine grenzsanitarischen Massnahmen (negativer Coronatest oder Quarantäne) mehr für die Einreise aus der Schweiz nach Österreich.
Die Grenze zwischen Österreich und Italien dagegen wird noch nicht geöffnet. Die Pandemiezahlen lassen «leider Gottes einen solchen Schritt noch nicht zu», sagte Aussenminister Schallenberg heute in Wien. Italien und seine Tourismusindustrie dürften über diesen Entscheid nicht glücklich sein. Deshalb gabs dazu noch eine Zusatzerklärung: «Unser Ziel ist klar: Öffnung gegenüber Italien, sobald es nur irgend möglich und vertretbar ist.»
Druck der Tourismusindustrie
Auch andere Staaten wie Schweden, Grossbritannien und Spanien bezeichnete Schallenberg als «schwierige Fälle». Wann mit diesen Ländern eine Grenzöffnung möglich werde, lasse sich noch nicht sagen.
Der österreichische Innenminister Karl Nehammer betont aber auch, er wolle punktuelle Grenzkontrollen mit Nachbarländern aufrechterhalten. Er meint dabei insbesondere Slowenien. Er habe mit seinen Amtskollegen entlang der sogenannten «Balkanroute» eine intensive Kooperation im Kampf gegen Schlepper vereinbart.
Diese überraschend vorverschobene Grenzöffnung von Österreich zeigt vor allem zwei Dinge: Erstens, wie gut die Länder Zentraleuropas das Coronavirus in den Griff bekommen haben. Und zweitens: Wie viel Druck die Wirtschaft macht – namentlich die Tourismusindustrie – um diese Saison noch einigermassen zu retten.