Kühe sind ein wichtiger Bestandteil von Südafrikas Kultur. Für die schwarzen Stämme bedeuten sie Prestige, sie sind die Masseinheit für den Brautpreis und werden an Hochzeiten und Begräbnissen geschlachtet.
Sie sind aber auch ein profitables Geschäft, das bis heute von den Weissen dominiert ist. Unter dem zunehmenden Druck organisierter Banden leiden jedoch alle.
Willie Clack, Viehraub-Experte an der Universität Pretoria und selbst Viehzüchter, erklärt: «Vieh wurde schon immer gestohlen, einst war das Teil der Stammeskultur. Doch heute haben wir es vermehrt mit organisierten Banden zu tun und seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie ist der Raub von Vieh so verbreitet wie noch nie, denn viele Menschen sind arbeitslos.»
Ishmael Teme gehört zur Minderheit der schwarzen Viehzüchter. Er besitzt 70 Kühe, die er auf einem zugemieteten Feld grasen lässt. Er versteht sich als kommerzieller Bauer, der vom Verkauf des Viehs lebt. Als 2020 fünf Tiere verschwanden, war er am Boden zerstört: «Jede Kuh ist eine Investition, ich habe auf einen Schlag rund 3000 Franken verloren.» Eine finanzielle Katastrophe für Ishmael Teme.
Da Temes Herde frei herumspaziert und auch im Freien übernachtet, stellte er nach dem Diebstahl Schäfer aus Lesotho an. Letztere gelten gerade bei den schwarzen Viehzüchtern als bester Schutz gegen Diebesbanden. Ein Schäfer sagt, dass aus seiner Herde noch kein einziges Tier verschwunden sei.
Um wie viel Geld es geht, zeigt sich an Vieh-Auktionen. Gewisse Zuchtbullen kosten mehr als 10’000 Franken. Hier bietet nur, wer richtig reich ist oder wer nach potenziellem Diebesgut Ausschau hält. Willie Clack sagt, dass an jeder Auktion auch Diebe unter den Zuschauern seien.
Viehzüchter Francois Swart hat bereits zwei teure Bullen verloren. Von der Polizei hält er wie die meisten weissen Bauern nichts. «Wir haben das Gesetz in die eigene Hand genommen und bewaffnete Männer angestellt, die das Vieh rund um die Uhr bewachen.»
Tiere sind nicht gekennzeichnet
Das tieferliegende Problem beim Viehraub: 80 Prozent des Viehs ist nicht gebrandmarkt und Mikrochips gibt es noch nicht. «Gestohlenes Vieh kann in aller Ruhe quer durchs Land transportiert und tausend Kilometer weit vom Ursprung an einer Auktion verkauft werden», erklärt Willie Clack.
Man sei jedoch daran, ein landesweites elektronisches System für die Erfassung von gechipptem Vieh zu errichten. «Doch den Bauern, und ich bin ja selbst auch einer, kann man es letztlich nie recht machen. Sie verlangen die Einführung eines elektronischen Systems, doch ob sie dann ihr Vieh wirklich chippen, ist eine andere Frage. Letztlich liegt es in ihrer Verantwortung, ihr Hab und Gut zu schützen.»
Mit anderen Worten: So schnell wird das Problem des zunehmenden Viehraubs wohl nicht gelöst sein.