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ZSKA Moskau Das hat der neue Club von Celestini mit dem Ukraine-Krieg zu tun

Fabio Celestini wechselt nach Russland und übernimmt das Traineramt bei ZSKA Moskau. Der 49-jährige Romand unterschreibt einen Zweijahres-Vertrag mit Option auf eine weitere Saison. Während Celestini mit Basel die Chance auf magische Champions-League-Nächte gehabt hätte, ist ZSKA Moskau aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine von allen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen. Russland-Korrespondent Calum MacKenzie kennt die Hintergründe des Clubs.

Calum MacKenzie

Russland-Korrespondent

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Calum MacKenzie ist Russland-Korrespondent von Radio SRF. Er hat in Bern, Zürich und Moskau Osteuropa-Studien studiert.

Was genau hat der Fussballclub mit der Armee zu tun?

Die Verbindung geht auf die Sowjetzeit zurück, als ZSKA ein Teil des grossen Netzwerks an Armee-Sportvereinen war. Traditionell waren die Spieler ebenfalls Armeeangehörige. Nach der Wende war das Verteidigungsministerium lange immer noch Haupteigentümer des Clubs. Es hat seine Anteile inzwischen verkauft, aber der Club ist immer noch in staatlicher Hand, er gehört zur staatlichen Bank Wneschekonombank. Deswegen ist ZSKA offiziell auch vom Westen sanktioniert.  

Gibt es diese Nähe zwischen Club und Staat auch bei anderen Fussballvereinen?

Das Muster zieht sich durch den ganzen russischen Fussball, fast jeder grosse Club gehört einem staatlichen oder staatsnahen Konzern. Zenit Sankt Petersburg zum Beispiel gehört zu Gazprom, Lokomotive Moskau gehört den russischen Eisenbahnen. In der russischen Premierliga spielt auch Achmat Grosny aus der Teilrepublik Tschetschenien, hinter diesem Verein steht der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow. Seit mindestens 20 Jahren dienen die Fussballclubs in Russland mächtigen Menschen und Institutionen als Sportswashing-Projekte, um Reputationen aufzubessern und Interessen durchzusetzen; auch durch das kulturelle Kapital, das ein grosser Fussballclub besitzt. Das gilt nicht nur für die Fussballclubs, sondern für bekannte Sportvereine im Allgemeinen.

So stehen die russischen Fans dazu

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Wie Fussballfans in jedem Land sind auch die russischen in jeder Gesellschaftsschicht zu finden, so MacKenzie. Man kann also nicht von «den» Fans sprechen. Aber wie viele Clubs in Russland hat ZSKA unter seiner Hardcore-Anhängerschaft viele Leute, die gewaltbereiten Rechtsextremen nahestehen oder solchen Gruppen direkt angehören. Diese Leute hat der Kreml bereits sehr lange für sich zu vereinnahmen versucht. Das gelingt nicht immer, aber ein Beispiel für einen Erfolg des Kremls ist, dass sich viele Männer über ihre Fangemeinschaften organisieren, um sich der Armee oder anderen Kämpferverbänden in der Ukraine anzuschliessen. Es gibt eine bestimmte Söldnergruppe, die vor allem aus Fussballhooligans besteht. Der Kommandant dieses Verbands ist ein bekannter Anhänger von ZSKA Moskau.  

Inwiefern haben die Clubs etwas mit dem Krieg zu tun?

Im Kriegskontext kommt ganz gut zum Ausdruck, wie der Staat oder die ihm nahen Unternehmen die Clubs und ihre Anhängerschaft nutzen. Die Strahlkraft der Clubs wird eingesetzt, um die Bevölkerung zur Unterstützung der Kriegsbemühungen zu mobilisieren. ZSKA sammelt Spenden und Hilfsgüter für die sogenannten «befreiten Gebiete» in der Ostukraine. Auf der Webseite von ZSKA kann man Videos schauen, in denen maskierte Männer sich für die Hilfslieferungen von ZSKA nach Donezk oder Luhansk bedanken. Sie sprechen da meistens von angeblicher «humanitärer» Hilfe, aber erst letzten November kommunizierte der Club, man habe 40 Motorräder an die Front geschickt, diese seien direkt an die Marineinfanterie gegangen.

Wie wichtig ist der Transfer von Celestini für die Imagepflege von ZSKA Moskau?

Der Club hat Celestini vor allem aus sportlichen Gründen verpflichtet. Aber seine Einstellung sendet natürlich schon das Zeichen, dass ausländische Trainer und Spieler immer noch bereit sind, nach Russland zu kommen. Der russische Fussball ist weitgehend abgeschottet. Die Clubs dürfen nicht mehr an europäischen Turnieren teilnehmen, und es hat kaum mehr grosse ausländische Namen unter den Trainern und Spielern in der russischen Premierliga. Früher war das anders, die russischen Vereine sind sehr wohlhabend und konnten internationale Stars anlocken. Heute sind sie immer noch wohlhabend, aber es kommen wegen der Einschränkungen und vor allem wegen des damit verbundenen Reputationsschadens kaum mehr ausländische Profis nach Russland.

Mehr dazu im «Echo der Zeit»

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Mehr zum Thema hören Sie heute Abend um 18 Uhr im «Echo der Zeit» auf SRF 1 und SRF 4 News.

 

Radio SRF 1, Nachmittagsbulletin, 20.06.2025, 17:12 Uhr ; 

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