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Möglichst viele Geburten Pro und Contra Kaiserschnitt – das denken die Pronatalisten

Pronatalisten wollen möglichst viele und gesunde Kinder. Uneinig scheinen sie sich aber, ob diese per Kaiserschnitt zur Welt kommen sollen oder nicht.

Der Unternehmer Elon Musk hat 14 Kinder und ermutigt auch andere Eltern, möglichst mehr als 3 Kinder zu bekommen. Die schrumpfende Bevölkerung sei nämlich ein grösseres Risiko für die Zivilisation als der Klimawandel – er ist damit der wohl berühmteste Vertreter der Pronatalismus-Bewegung.

Musk soll eine der Mütter seiner Kinder zum Kaiserschnitt gedrängt haben. Laut Medienberichten argumentiert er, dass vaginale Geburten die Entwicklung grösserer Gehirne behinderten, während Kaiserschnitte «grössere Gehirnvolumen» ermöglichten.

Neugeborenes im Spital
Legende: Ein Neugeborenes am Universitätsspital Zürich. KEYSTONE/Christian Beutler

Die nach Musk wohl zweitberühmtesten Pronatalisten sind Simone und Malcolm Collins, die Gründer der Pronatalist Foundation. Ihre bald fünf Kinder wurden als Embryonen nicht nur genetisch untersucht und als die gesündesten ausgewählt, sie kamen auch per Kaiserschnitt zur Welt.

Propagiert die Pronatalismus-Bewegung also Kaiserschnittgeburten, damit Kinder möglichst gesund und ohne Sauerstoffmangel zur Welt kommen sowie möglichst über die Evolution grössere Gehirne entwickeln können (wie Musk behauptet)?

Medizinische Vor- und Nachteile Wunschkaiserschnitt

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+ Das Risiko für ernste Komplikationen beim Baby ist beim geplanten Kaiserschnitt geringer.

+ Keine Wehenschmerzen

+ Der Beckenboden der Frau wird geschont, der Intimbereich bleibt unversehrt.

- Kaiserschnittbabys haben häufiger Atemprobleme direkt nach der Geburt, vor allem wenn sie zu früh geholt werden.

- Allgemeine Operationsrisiken für die Mutter: Thrombosen, starker Blutverlust, Entzündungen, Verwachsungen oder Wundheilungsstörungen.

- Nach einem Kaiserschnitt kann es in Folgeschwangerschaften zu Plazentationsstörungen oder Gebärmutterrissen kommen.

- Nach einem Kaiserschnitt sollte man ein Jahr warten mit einer neuen Schwangerschaft.

- Die Mutter ist länger eingeschränkt und hat Wundschmerzen.

- Die Gebärmutter bildet sich langsamer zurück als nach einer vaginalen Geburt.

Quelle: swissinfo.ch im Gespräch mit medizinischen Fachpersonen

Nein, sagt Simone Collins. Die Pronatalismus-Bewegung stehe dem Kaiserschnitt im Gegenteil sehr kritisch gegenüber, schreibt sie auf Anfrage von SRF. Der wichtigste Grund: Kaiserschnitte stehen dem Ziel entgegen, dass Frauen möglichst viele Kinder haben.

Mehr Kinder dank vaginaler Geburt

Im Visier hat die Bewegung vorrangig Wunschkaiserschnitte, die medizinisch nicht notwendig sind. «Kaiserschnitte können zu Komplikationen führen, die es den Menschen erschweren, so viele Kinder zu bekommen wie sie wollen», erklärt Simone Collins. «Zudem dauert die Genesung nach der Geburt im Allgemeinen länger.» Auch seien die Kosten höher und die Risiken für die Gesundheit der Mutter allgemein grösser.

Medizinische Vor- und Nachteile vaginale Geburt

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+ Weitere Schwangerschaften verlaufen unkomplizierter.

+ Die Mutter ist schneller wieder fit und darf ins Rückbildungsturnen.

+ Die Gebärmutter zieht sich schneller wieder zusammen.

+ Keine Operationsrisiken

+ Keine Narbe am Bauch

- Erhöhtes Risiko von Sauerstoffmangel beim Baby

- Eine vaginale Geburt kann Beckenboden und Intimbereich der Frau verletzen, was auch längerfristig zu Inkontinenz und weniger Stimulationsgefühl beim Sex führen kann.

- Ist ein Extremerlebnis mit starken Schmerzen.

Quelle: swissinfo.ch im Gespräch mit medizinischen Fachpersonen

Simone Collins erzählt, sie habe ihre vier Kinder per Kaiserschnitt entbunden, weil sie keine andere Wahl gehabt habe: der erste Kaiserschnitt sei ein Notkaiserschnitt gewesen, der zweite sei wegen Nabelschnurblutgefässen über dem Gebärmutterhals (Vasa praevia) zwingend erforderlich gewesen – das Kind wäre bei einer natürlichen Geburt wohl gestorben. Und ab dem dritten Kind seien nur noch Kaiserschnitte infrage gekommen: «Nach zwei Kaiserschnitten wird Müttern wegen des Risikos eines Gebärmutterrisses während der Wehen ein Kaiserschnitt empfohlen.»

Gegebenenfalls Leihmutterschaft

Simone Collins räumt aber ein, dass Kaiserschnitte durchaus einige Vorteile haben. «Viele Warnungen sind wohl auch überbewertet», schreibt Collins. «Zum Beispiel denken viele Leute, dass Frauen nicht mehr als 3 Kaiserschnitte haben können, was natürlich nicht stimmt.» Tatsächlich sind laut Fachpersonen Kaiserschnitte ab der dritten Geburt nicht unmöglich – jedoch deutlich riskanter.

Laut Collins bevorzugt die pronatalistische Bewegung jedenfalls vaginale Geburten und rät von Kaiserschnitten aktiv ab. So wie auch Mediziner Frauen von einem Wunschkaiserschnitt abraten, wenn sie viele Kinder wollen.

Für die Collins selbst ist das aber zweitrangig: Wenn ein weiteres Kind wegen der vielen Schwangerschaften und Kaiserschnitte biologisch unmöglich wäre, würden sie auf Leihmutterschaft zurückgreifen.

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Kulturplatz Talk, 28.8.2025, 9:05 Uhr;liea

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